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Durch die Hintertür ins Land

Die Grenze zu überqueren war eine Herausforderung. Die Grenzer der USA gelten als eine der Härtesten der Welt und so war ich schon ein wenig angespannt als ich vor Ihm stand. Mein Visa das mir in Alaska zugestanden wurde lief in 2 Monaten ab, das war mir zu knapp und so fragte ich nach mehr Zeit. Dafür gab es dann jede Menge Fragen. Vor allem der Fakt das ich schon so lange nicht mehr zuhause war bereitete dem Beamten Kopfschmerzen. Dann wäre ja die USA das Land in dem ich mich im letzten Jahr am längsten aufgehalten hätte... Recht hat er, aber Ich will ja nur durchradeln, das konnte ich Ihm dann auch glaubhaft machen und so bekam ich meine nächsten 6 Monate Aufenthaltsgenehmigung. Puh!

Nach der Grenze verließ ich die Hauptstraße schnell und folgte einer wunderschönen fast verkehrsfreien Route durch ein parallel laufendes Seitental. Die Landschaft war unglaublich schön. Der Herbst, der mich nun schon seit Alaska im August begleitet gab alles, die Farben waren unglaublich intensiv, die Seen im Tal glasklar und alle paar Kilometer eine Gelegenheit zum campen. Traumhaft.
Am zweiten Tag erreichte ich Omak wo ich bei Annie und Scott für 2 Tage pausierte. Gelegenheit meine Ausrüstung zu checken. Annies Nähmaschine brachte auch einige Nähte wieder in Ordnung, darauf hatte ich lange gewartet. Zum Abschluss begleitete mich Scott noch ein Stück auf seinem Liegerad bis zum Omak See, von wo mich die Straße hinab zum Columbia River führte.

Am Grand Coulee Dam, einem der größten der Staaten und dem größten am Columbia River, überquerte ich den Fluss und folgte dem Grand Coulee, einem gigantischen Einschnitt südwärts. An den Dry Falls lernte ich die Ursachen kennen. Eine gigantische eiszeitliche Flutwelle wusch diesen Graben aus und produzierte ebenso mächtige Wasserfälle (die jetzt trocken liegen), die Dry Falls. Beeindruckende Landschaft.

Mein Weg führte mich durch trockene braune Hügel und dank Bewässerung grüne Felder wieder hinunter zum Columbia River bis zur Hanford Site. Hier baute die US Army im zweiten Weltkrieg eine Forschungsanstalt zur Produktion von waffenfähigem Plutonium. Die Nagasaki Bombe wurde dann hier auch bestückt. Das gigantische Areal wird heute noch benutzt und produzierte in den letzten Jahrzehnten Unmengen an strahlendem Abfall und ebenso unglaubliche Umweltschäden. Nun hat man begonnen aufzuräumen und veranschlagt unglaubliche Mengen an Geld und Zeit um der Bescherung Herr zu werden. Krass!

Von dort ging es hinauf in die Hügel und plötzlich wurde es grün. Auf der anderen Seite erreichte ich das Weinbaugebiet der Rattlesnake Hills und an deren Fuß Sunnyside. Das Wetter der letzten Tage war alles andere als Sonnig und so war es überraschend als mich am Ortsschild ein paar Sonnenstrahlen trafen. Hinter der Stadt ging es durch das Yikama Indianerreservat hinüber in die Schlucht des Columbia River. Im Reservat gibt es Unmengen von wilden Pferden, die dort lebensfroh über die Prairie preschen.

Der Columbia River hat sich auf dem Weg nach Westen durch das Küstengebirge gefressen und eine mächtige Schlucht produziert. In die fuhr ich nun hinab mit dem Ziel ein Stück des historischen Highway 30 zu fahren der sich am Südufer entlang windet.

Ein Zwischenstopp in Mosier bei Kris nahm mein Körper zum Anlass ein wenig zu schwächeln und so blieb ich 2 Tage bei Ihr um mich ein wenig auszukurieren.
Danach ging es weiter hinauf auf die Schulter des Mt. Hood, die ich im Sonnenuntergang erreichte. Mächtiger Berg und mächtiges Schauspiel... Traumhaft. Der Weg hinunter nach Portland war entspannend und so erreichte ich am frühen Nachmittag die quirlige Metropole. Hier blieb ich für ein paar Tage und freute mich auf ein paar Tage „off the Bike“ mit Kultur und netten Menschen. Herrlich!

Portland ist wahrscheinlich einer der liberalsten Orte der USA. Oregon hat Hanf legalisiert und so ist es überall erhältlich und allgegenwärtig und in der Luft. Die Stadt sprüht vor neuen Ideen und so wird alles was geht vermischt, sei es bei Essen, Musik oder anderen kulturellen Dingen. Ständig sprießt etwas Neues aus dem Boden, ein ständiger Wandel. Mein Rad zu reparieren war ein Ausflug in die DIY (Do it yourself) Welt. Man drückte mir das Werkzeug in die Hand und ließ mich machen. Das Ersatzteil war gebraucht, in gutem Zustand und superbillig. Prima!
Die letzten Tage vor der Wahl waren entspannt, die Leute hier waren ein wenig besorgt über den möglichen Ausgang, vor allem die Gerüchte das Trumps Anhänger bei einer Niederlage Aufstände anzetteln könnten gingen um. Erstaunlicherweise fand ich in Washington und Oregon kaum Clinton Plakate, sie scheint hier wirklich niemand zu mögen auch wenn die beiden Staaten als sichere Basis der Demokraten gelten. Im östlicheren Teil Washingtons war die Werbung für Donald Trump allgegenwärtig. Kris erklärte es mir mit den Landwirten die keine zusätzlichen Steuern zahlen wollen (etwas wofür die Demokraten grundsätzlich stehen) und deshalb den Republikaner unterstützen.

Überall in den Straßen Portlands sieht man die andere Seite der Gesellschaft, die Obdachlosen. In den Industriegebieten wird am Straßenrand gezeltet, überall stehen Wohnmobile und unter den Brücken sammeln sich abends die Gruppen zum schlafen. Eindrücklich.

Nach 4 Tagen in de Stadt hieß es Abschied nehmen, mein Weg führte mich nach Süden und das auf wundervollen Radwegen die mich ganz stark an Deutschland erinnerten. Der Tag meiner Abreise aus Portland war der Tag der Präsidenten-Wahl, ich bin gespannt was das bringt...
Was dann geschah erzähl ich Euch ein anderes Mal...