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Statistik Alaska:

Strecke: 2775 km
Tagesdurchschnitt: 52 km
Tage im Land: 53
Tage auf dem Rad: 29
Höhenmeter überwunden: 25650m
Tagesdurchschnitt: 885m
Nächte im Zelt: 31
Nächte in Häusern: 17
Pannen:
Tretlager erneuert, 2 Plattfüsse vorne, 2 Plattfüsse hinten
Pedal-Arm ausgetauscht
tägliche Ausgaben: 16,30€

Weiter bis zur Grenze

Nach dem Dalton Highway war etwas Ruhe angesagt. Außerdem musste ich dringend etwas beim Equipment nachbessern. Nördlich der Brooks Range waren mir die Füße fast abgefroren, deshalb hieß es wasserdichte und warme Schuhe besorgen. Mein Schlafsack machte auch nicht mehr die Temperaturen mit wie vor einem Jahr und brauchte für die kalte Jahreszeit ein Upgrade. Der örtliche Sportshop hatte Ausverkauf und so schlug ich zu. Auf dem Weg nach Hause übersah mich dann ein Autofahrer und holte mich vom Rad. Glücklicherweise passierte mir nichts, der Pedalarm meines Bikes allerdings war doch deutlich krumm. Diagnose: Austausch. Ersatzteil nicht auf Lager. Bestellung dauert 2 Wochen. Shit.
Einen Tag später fand ich in einem der anderen Läden einen Mechaniker der sein Mountainbike räuberte um mich zu versorgen. Glück gehabt. Kosten 0, da vom Autofahrer bezahlt, prima!

Dann ging es endlich los. Die ersten 150km auf dem Richardson Highway nach Osten sind eingerahmt von Kasernen und Truppenübungsplätzen. Eine Luftwaffenbasis zeigt neueste Modelle aller Waffengattungen und irgendwann kommt dann auch wieder etwas Natur.

Joanna, mein anderer Warmshowers Host in Fairbanks empfahl mir noch einmal die Berge der Alaska Range auf dem Richardson Highway zu überqueren. Es gäbe nirgends so viele Gletscher nahe der Straße wie dort. Sie muss es wissen, sie ist Glaziologin. Gesagt getan, nur leider war das Wetter bescheiden. Nachdem ich mich gegen den stürmischen Wind hinauf gekämpft hatte erwartete mich oben eine tief hängende Wolkendecke... Also nix mit Aussicht... Aber eine unvergessliche Nacht auf einem unglaublichen Zeltplatz zu Füssen von ewigem Eis gab es dann doch... Es stürmte so stark das mir die Zeltplane eigentlich die ganze Nacht an der Backe klebte... Jetzt weiss ich wenigstens das mein Zelt sturmfest ist ;-)

Drüben runter wurde es dann schöner und der Blick auf die Wrangell-Elias Gebirgsgruppe war wolkenlos. Diese begleitete mich nach Norden wo ich mich in Tok mit einer Dusche, Wäsche waschen und Vorräte auffüllen auf mein nächstes Abenteuer vorbereitete.

Das Ziel: Der „Top of the World“-Highway.

In diesen Tagen begegneten mir wieder etliche hilfreiche Menschen die mich zu Kaffee einluden (oder bei denen ich mich versehentlich einlud), mir Süßigkeiten oder auch ein wenig Geld zusteckten oder gar wie Jay und Debbie mich in ihrem ausgebauten Schulbus im Hinterhof übernachten ließen.
Der Magic Bus steht dort schon ewig und ist innen völlig mit dankbaren Widmungen übersät. Diese Momente machen einem das reisen leicht und wärmen Herz und Seele...

Von Tok fuhr ich den Taylor Highway hinauf zum Top of the World. Wie der Name schon sagt muss man eben erstmal rauf auf die Spitze... Harte Arbeit auf geschotterten Straßen mit klassischen Achterbahn-Hügeln. Oben angekommen war der Name Programm. Die Straße führt entlang eines Gebirgszuges hinüber nach Kanada und bietet unendlich schöne Aussichten, die man sich aber auch hier oben erst einmal verdienen muss, das eine „Top of the World“ gibt es nicht, es sind einige und so geht es auch hier oben ständig auf und ab...

Als ich dann nach 4 Tagen in Dawson City im kanadischen Klondyke ankam war ich reif für einen freien Tag. Den bekam ich mal wieder von einem warmshowers Host, denn David ließ mich für 2 Nächte auf seinem Areal in einer seiner Miet-Cabins schlafen. Was ich da und danach erlebte erzähle ich Euch ein anderes Mal...
Neues Land neues Glück...

Was bleibt von fast 2 Monaten Alaska?

Vor nicht allzu langer Zeit (und doch eine halbe Welt weit weg) im Januar dieses Jahres traf ich im Norden Thailands ein Pärchen aus den USA. Wie sich im Gespräch herausstellte waren sie aus dem nördlichsten Teil des Landes, aus Alaska.

Ich begann gerade ernsthaft über den weiteren Verlauf meiner Reise nachzudenken und ließ mir ihre Stadt Homer auf der Karte zeigen. Sie sagte, mit einem Grinsen, das sie am Ende des Piers in einem Coffeeshop arbeitete und wenn ich jemals vorbeikäme einen Kaffee gut hätte.

Die Idee gefiel mir immer besser und aus einem Scherz wurde ein Plan. Fünfeinhalb Monate später schob ich mein Rad vom Schiff auf den Homer Split wie diese ewig lange Schaufel Erde in der Bucht heißt. Am nächsten Morgen machte ich mich auf die Suche nach dem Mädel dessen Namen ich nicht mehr wusste und deren Gesicht mir nur noch verschwommen in Erinnerung war.

Das ich sie nicht fand war so ziemlich die einzige Enttäuschung die Alaska in den folgenden beiden Monaten für mich bereit hielt.

Ich hatte etliches im Kopf wenn ich an Alaska dachte, vieles beeinflusst von Krakauers Buch und Sean Penns darauf basierenden Film 'Into the Wild'...

Ich hatte eine wage Vorstellung was ich gerne sehen würde:
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Die Natur übertraf schon von Anfang an jede Vorstellung, großartiges, wildes und unendlich weites Land. Lebenswert in den warmen Monaten in denen ich es besuchte aber auch immer eine Vorstellung verbreitend wie lebensfeindlich und kalt es den Hauptteil des Jahres sein kann.

Schon nach wenigen Tagen wurde mir klar das Radfahren so ziemlich das harmloseste und langweiligste ist das man hier oben tun kann. Das Abenteuer beginnt rechts und links der Straße. Aber nicht immer Sommer, denn dann ist Alaska Feuchtgebiet. Nein, der Winter ist die Jahreszeit zurückzukommen und das richtige, das 'Alaska, Alaska' (wie Chris McCandless es nannte) zu finden und zu erleben.

In diesem Sommer habe ich wunderschöne Eindrücke bekommen, das Schlimmste (die Moskitos) hat sich in Grenzen gehalten, die Einsamkeit und Stille war teilweise so umfassend das sie Freude und Beklemmung gleichzeitig hervorgerufen hat, krass!
Das Tierleben hat sich mir in allen Facetten gezeigt. Den vielbeschworenen Bären hab ich nur vom sicheren Bus aus gesehen und außer meinem Kochtopf hat er sich in den vielen Nächten in Alaskas Wildnis nichts unter den Nagel gerissen.

Ich durfte Wölfe sehen und sogar mit ihnen heulen, Karibus und Moschus-Ochsen beobachten, den Erdhörnchen immer wieder bei ihren spielerischen Bewegungen zuschauen, einen Luchs sehen und am beeindruckendsten den Wandel der Landschaft hin zum Herbst verfolgen. Dieses Farbenmeer das in der kargen Landschaft umso dramatischer wirkt war ein wunderbarer Übergang nach Kanada wo ich nun weiter radeln werde.

Ich habe hier oben ganz tolle Menschen getroffen und es genossen mal wieder tiefgreifende Gespräche führen zu können. Die Großzügigkeit und Herzlichkeit der Menschen hier oben hat mich vielmals sprachlos gemacht. Viele sind dem hektischen Treiben im Süden davongelaufen. Eigentlich nur für ein paar Jahre geplant, dann geblieben, gefesselt von der Schönheit und Einfachheit des Lebens hier oben.

Ich glaube es war die richtige Entscheidung nach der Hektik Asiens den krassen Schritt hinauf in den Norden Amerikas zu tun. Hier läuft alles viel gemächlicher und Geist und Seele könnten mal wieder ein wenig Luft holen für die Abenteuer die kommen werden...

Aber eins ist sicher:
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