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Very British...
Ersatzteile waren der Grund der mich hierherführte. Ein Arbeitskollege meines Bruders brachte einen Koffer voller spannender neuer Dinge mit und ich durfte Ihn dort in einem der besten Hotels der Stadt abholen.

So machte ich mich an einem Morgen ohne mein Rad (das konnte ich in Shenzhen bei einem Bekannten lassen) mit der Metro auf den Weg nach Hongkong. Technisch gesehen gehört Hongkong zu China, wird aber als Sonderzone geführt und so verlässt man das Reich der Mitte in dem Moment in dem man Hongkong betritt. Um also wieder zurückzukommen braucht man ein neues oder ein Double-Entry Visa dass ich (kluger Junge) mit diesem Hintergedanken in Pnom Penh beantragt hatte.

Der Grenzübergang läuft reibungslos, man merkt, dass hier tausende von Menschen täglich über die Grenze pendeln. Stempel, Scanner und raus aus China. Stempeln, Scanner und rein nach Hongkong. Eine kleine Wartezeit war drin, aber alles andere effizient bis in die Haarspitzen. Das Willkommensschild ist dann auch umrahmt von sage und schreibe 15 Überwachungskameras. Big Brother ist ganz groß in China und so auch hier...

Wenn ich an Hongkong dachte hatte ich immer nur die Hochhausschluchten im Sinn. Umso überraschter war ich, nun erst mal eine gute halbe Stunde durch grüne Berge und Vororte zu fahren bevor ich die Stadt erreichte. Dort ist alles recht kompakt. Man kann mit Metro, Bus oder über die Bucht auch mit der Fähre fahren aber im Stadtteil Kowloon ist eigentlich alles in Laufdistanz. So holte ich meine Sachen ab und machte mich auf den Weg zur Chungking Mansion. Das Gebäude im Herzen des Stadtteils ist die billigste Möglichkeit in der Stadt abzusteigen und voll in indisch/pakistanischer Hand. Ein Dutzend Typen haben am Eingang das billigste Zimmer für dich und das jedes mal wenn Du mit einem (noch so kleinen) Rucksack zurückkommst. Im Erdgeschoss gibt es alles zu kaufen und zwischendrin leckeres indisches Essen. Alleine für dieses Ambiente lohnte sich schon die Reise hierher. Das Hostel ist eigentlich drei Hotels in Einem, so genau in welchem der Dreien ich nun schlafe weiß ich nicht, ist eigentlich auch egal. Die Räume sind eng, das Bad ein Wandschrank und die Preise mit unter 10US$ die Nacht erschwinglich. Das Territorium hat noch eine eigene Währung, den Hong-Kong-Dollar. Wahrscheinlich das einzige Geld der Welt das von einer privaten Bank (der HSBC) herausgegeben wird.

Ich mache mich auf um ein wenig die Gegend zu erkunden. Die Häuser in diesem Teil der Stadt sind nicht so hoch, 15 Stockwerke und teilwiese richtig alt. So wandele ich an einer Moschee und an mehreren Kirchen vorbei. Jedes dritte Gebäude ist eine Shopping-Mall, überall glitzert es und der Reichtum der Stadt ist unübersehbar. Sobald man aber von den Hauptadern abbiegt kommt man in das wirkliche, enge und lebendige Hongkong.

Am Abend ging es zum Pflichtbesuch auf den Victoria Peak, von dort oben hat man die berühmte Sicht auf die Stadt. Es regnet zwar und ein Sturm, der im Anmarsch ist, treibt die Wolken in die Bucht aber die Aussicht ist trotzdem wirklich Atemberaubend, die Wartezeit an der Peak-Tram ebenso. Über eine Stunde vergnügte ich mich in der Schlange mit den Chinesen bevor uns die Standseilbahn nach oben brachte. Auf dem Weg nach unten sparte ich mir die Wartezeit und lief hinunter in die Stadt. Die Stadt hängt wahrlich am steilen Hang und die Straßen und Wege sind ebenso steil. Gut das ich das Rad in Shenzhen gelassen habe. Am nächsten Tag wird mir klar dass man den Berg auch mit einer einfachen Busfahrt besteigen kann. Das (happige) Fahrtgeld hätte ich mir dann sparen können, denn Standseilbahn (auch die Peak-Tram ist ein Schweizer Modell) bin ich in Davos nun wirklich schon oft genug gefahren...
Zwei weitere Tage verbringe ich damit durch die Stadt zu schlendern, hier erfahre ich auch, dass mein Computer den Kaffee-Zwischenfall in Chengdu doch nicht klaglos überstanden hat. Die Ausfälle häufen sich, der Schaden ist aber nicht (rentabel) zu reparieren und so muss ich mich langsam damit abfinden einen neuen zu kaufen, aber das verschiebe ich auf später.
Nach diesen beiden Tagen entschließe ich mich mit Rita aus Mexiko, die mir im Hostel über den Weg gelaufen war, einen Abstecher nach Macao zu machen. Das ehemalige portugiesische Hoheitsgebiet liegt auf der anderen Seite der Bucht, eine knappe Stunde mit dem Boot entfernt.
Hier gelten die gleichen Bedingungen wie in Hongkong und während dort die Wette auf das Geld die Leute reich macht ist es in Macau dann eher die Wette selbst. Die Altstadt lässt einen spontan nach Portugal reisen und auch portugiesisch ist überall zu lesen. Nur sprechen kann es keiner mehr. Eingerahmt ist dieses Kleinod von riesigen Casinobauten. Macau ist der einzige Platz in China an dem Glücksspiele erlaubt sind. Es glitzert wie man es von Bildern aus Las Vegas gewohnt ist. Die Stadt boomt und so werden die Hochhäuser immer höher und zahlreicher. Spannender Kontrast, aber für unseren Geldbeutel unbezahlbar. 40€ die Nacht, was man in der lokalen Währung Pataca zahlen kann, geht nur einmal und so geht es am nächsten Abend für Rita weiter nach Kunming und für mich mit dem Boot zurück nach Shenzhen. Wo ich nach einem weiteren reibungslosen Übertritt wieder nach China einreise.

Hongkong ist eine spannende Erfahrung. Der Mix aus chinesischer Kultur und englischen Eigenheiten (am auffälligsten ist der Linksverkehr) ist hier einmalig. Die Einwohner haben sich auch nach der Rückgabe an die Chinesen eine eigene Mentalität und auch Sonderechte bewahrt, die sie auch kräftig verteidigen. Doch der Chinese drückt. Peking nimmt sich immer mehr Mitspracherechte heraus, es wird immer mehr gebaut und die Zuwanderung aus China nimmt zu. Ein Großteil der Bewohner Hongkongs besteht aus Flüchtlingen die nach der Machtübernahme der Kommunisten in die Kronkolonie geflohen waren. Anfangs in Zelten hausend wurden sie in einem Zeitraum von über 30 Jahren mit staatlichen Wohnungsbauprogrammen untergebracht. So ist ein Großteil des bezahlbaren Wohnraums sozialer Wohnungsbau, wer hätte das gedacht. Hongkong ist einer der dicht besiedeltsten Gebiete der Welt. Im Stadtgebiet leben 16000 Menschen auf einem Quadratkilometer...
Die Regelwut hier ist Wahnsinn, überall Schilder, mit teilweise unglaublichen Verboten... und es ist teuer hier. Die Preise in den Lebensmittelläden sind doppelt so hoch wie in China, so dass ein längerer Aufenthalt richtig weh tut. Einzig Elektronik ist zum Teil aufgrund der niedrigen Mehrwertsteuer billiger als auf dem Festland.
Nach meinem Aufenthalt im ultramodernen Shenzhen (davon gibt es beim nächsten Mal mehr) ist es erst einmal keine Umstellung in die moderne Welt Hongkongs zu reisen. Aber eine völlige Reizüberflutung und eine fast unfassbare Dekadenz wird hier in den Auslagen präsentiert. Hier schlägt wirklich eines der kapitalistischen Herzen dieser Welt. Irgendwie war ich dann auch wieder froh dort wegzukommen. Die Vielfalt überrascht, Menschen aller Farben, Kulturen und Glaubensrichtungen tingeln über die Straßen, Musiker beschallen die Plätze, abends trifft sich die Jugend an der Bay und feiert. So stellt man sich eine Weltstadt vor und die Skyline gibt dem ganzen einen einmaligen sehenswerten Rahmen. Schön hier gewesen zu sein. Freu mich nun wieder auf das radeln im ländlicheren China...

Aber davon erzähle ich euch beim nächsten Mal mehr...