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eine völlig andere Welt

als ich China in meine Reiseroute aufnahm war mir schon klar das dies die grösste Herausforderung werden würde. Eine neue Kultur, neue Sprache und neue Schrift und all das auf einmal.
Kein Land seit ich den Iran betreten hatte flößte mir mehr Respekt ein und so fuhr ich mit einem flauen Magen an diesem schönen Montagmorgen auf die Grenze zu.
Mein chinesischer Wortschatz hielt sich in Grenzen und mit „Nihau“ also Hallo war er auch schon erschöpft.
Die Grenzer sind im Vergleich zu den Kirgisen auch eher muffelig und so war die erste Hürde an diesem Tag auch die `erste` Grenze auf chinesischer Seite. Da man die ersten 140km auf chinesischer Seite nicht fahren darf ist man verpflichtet ein Taxi zu nehmen. Diese Abhängigkeit ist den Taxifahrern bewusst und so ist es ein hartes Stück Arbeit sie auf den amtlich festgelegten Preis von 100 Yuan herunterzuhandeln. Mit zwei anderen Radlern und einer chinesischen Reisenden fahren wir dann los.
Zwei Stunden später sind wir dann an der `zweiten` Grenze angekommen um schonmal mit Chinas Spezialitäten vertraut zu werden. Laut Peking-Zeit ist es jetzt Mittag und damit Pause… Also warten wir bis halb fünf um dann zur Grenzkontrolle vorzuschreiten. Das geht überraschend glatt und 40 Minuten später verlassen wir auf der anderen Seite das Gebäude und können uns selbst sagen „Willkommen in China!“

Die Stadt in die man uns „freilässt“ ist völlig umcharmant. Breite Strassen, grosse Verwaltungsgebäude und Wohnblöcke. Der verhangene Himmel hilft nicht gerade dabei eine Hochstimmung aufkommen zu lassen. Ich radle mit Marc aus der Schweiz gemütlich los. Nach einer Nacht am Strassenrand erreichen wir am nächsten Tag im strahlenden Sonnenschein Kashgar, die erste größere Stadt im Land. Eine geradezu perfekte Strasse führte uns bis jetzt durchs Land und daran sollte sich auch nichts ändern, die Schlaglöcher konnte ich bisher an einer Hand abzählen…
In Kashgar selbst stiegen wir im Altstadt-Hostel ab. In der Altstadt eingebettet verspricht das ganze viel Charme. Das die komplette Altstadt Fake ist erfahre ich am kommenden Tag. Unter dem Vorwand des Erdbebenschutzes hat man die komplette Lehm-Altstadt einreissen lassen und in Beton und Ziegeln wieder aufgebaut. Fassade auf alt getrimmt und fertig ist der Freizeitpark. Die Einwohner wurden auch gleich in neu angelegte Wohngebiete umgesiedelt. Entwicklungshilfe auf die chinesische Art.
Der Westen des Landes, vor allem die Region Xinjiang, sprich Jinjang, wird hauptsächlich von Uighuren bewohnt, deren Sprache ein türkischer Dialekt ist und die arabische Schriftzeichen benutzen. Dementsprechend hilflos ist man wenn man mit einem chinesischen Schriftzeichen nach etwas sucht… Kaum einer kann es lesen.
Kashgar lässt einen schonmal ahnen was China so bringen wird. Alles findet auf der Strasse statt, überall brutzelt das Essen, die Bäcker backen auf der Strasse und die Handwerker dengeln fröhlich vor sich hin. Das ist nicht nur auf den Tag beschränkt, auch nachts gibt es auf dem Nachtmarkt lecker Essen und Lebensmittel zu kaufen. Das macht Vorfreude auf das richtige China, denn hier ist das Essen dann doch noch sehr fleischlastig, es wird immer noch alles über Feuer gebrutzelt und mit Brot gegessen…

Was mir besonders aufgefallen ist zuerst in Kashgar und seitdem in jeder Stadt ist der hohe Anteil an Elektrorollern. Kaum ein Gefährt auf 2 oder drei Rädern tuckert noch. Schöne Entwicklung, aber auch blitzgefährlich, man hört sie nicht kommen und sie fahren wie Wildschweine ;-)

Von Kashgar aus fuhr ich entlang der Südkante der Taklamakan-Wüste nach Osten. Entlang der Autobahn versuchen Horden von Dorfbewohnern die Wüste urbar zu machen. Es werden mit schwerem Gerät und einfacher Manpower Felder angelegt die mit viel Bewässerungsaufwand bepflanzt werden um den Sand fernzuhalten. Drei Generationen gleichzeitig sind da am Hacken… Faszinierend!
Was daraus entsteht ist wunderschön, perfekt angelegte Gärten reihen sich entlang der Strasse um am Ende der Oase in Wüste überzugehen. Dieser Wechsel zieht sich die komplette Strecke entlang. Wobei die Wüste in den Bereichen die ich durchradelt habe eher eine Geröll, denn eine Sandwüste ist. Hin und wieder sieht man eine Düne, meist aber nur feinen Staub und Steine.

Was mir von Anfang an klar war, wurde eines Tages akut. Ich muss die Strecke mit dem Bus abkürzen sonst schaff ich das Land nicht in der kurzen Zeit. Also in Hetian, der ersten grösseren Stadt 700km hinter Kashgar zum Busbahnhof… Soweit der Plan. Nur wo ist der? Lesen kann man ja nichts und in einer 300.000 Einwohner zählenden Stadt danach suchen geht nicht. Also Reiseführer ausgepackt, chinesisches Schriftzeichen abfotografiert und rumgezeigt. Nur hier kann keiner (wie oben beschrieben) chinesische lesen. Nach einer Stunde zickzack durch die Stadt gab ich entnervt auf und fuhr weiter bis zur nächsten (kleineren) Stadt mit der Hoffnung Ihn da leichter zu finden. War auch so, nur war der einzige Bus für den Tag schon weg. Also wieder aufs Bike, zur nächsten Stadt geradelt und dort morgens zum Busbahnhof. Und siehe da, er war noch da, ich bekam ein Ticket und sass, oder besser lag, wenig später im Bus nach Qiemo, 500km weiter östlich.
Dort musste ich eine Nacht bleiben um am nächsten Tag weiter bis Rouqiang zu fahren und meine Frage nach einer billigen Absteige endete im besten Hotel der Stadt. Die hatten erbarmen mit einem abgehalfterten Radfahrer und gaben mir Ihr billigstes Zimmer für 23 € und so kam ich in den Genuss einer fürstlichen Unterkunft für eine Nacht… Auch mal schön nach dem vielen Zelten.

Kurz vorm tibetischen Hochplateau stieg ich dann wieder aufs Rad um hinauf zu radeln. Ein 3600m hoher Pass lag vor mir und es wurde mein sportliches Meisterstück. über 2000m hinauf geklettert und dann auf Passhöhe übernachtet. Es muss die Nacht unter -15° kalt gewesen sein, denn ich fror jämmerlich in meinem ansonsten superkuschligen Schlafsack… Aber auch das wurde überlebt und so ging es am nächsten Tag hinab in das, Überraschung!, wüstenartige Quaidam-Becken! In Hautugou (sprich „How to go“) entschied ich mich nochmals in den Bus zu steigen, aber leider fuhren sonntags keine Busse was mich zwang eine Nacht in ein Hotel zu gehen. Ich hatte inzwischen die Schriftzeichen für Gästehaus rausgefunden und versuchte mein Glück. Natürlich landete ich wieder in einem Hotel die mich spontan zum besten Haus der Stadt weiterleiteten. Aber 90€ wollte ich für mein Bett doch nicht bezahlen. Nach langem Fragen, warten, Fragen und warten hatten sie ein einsehen mit mir und brachten mich zu einem Mittelklasse Business-Hotel, dort wurde ich von der Polizei daraufhin gewiesen das diese Stadt nicht zugelassen ist für Ausländer und ich nichts fotografieren darf… danach hatte ich allen Luxus den ich mir vorstellen konnte inklusive einem Internet Anschluss um meinen Blog den Ihr hier lest zu schreiben…

Am Morgen ging es weiter nach Golmud, wo ich direkt wieder aufs Rad stieg und mich meinem letzten Stück Wüste für dieses Jahr widmete…

Trotz aller Begeisterung für die Wüste ist man einfach irgendwann satt vom Sand. Selbst wenn einen wundervolle Berge auf einer Seite begleiten sind es eben nach einigen Tagen doch nur noch Steine. Die Ödnis in der Wüste ist eine echte Herausforderung. Erträglich wurde sie mir durch Musik. So klang eigentlich jedesmal wenn ich in die Pedale trat Musik aus meinen Kopfhörern. Ich hörte alles querbeet, von Grönemeyer bis AntiFlag, von Seeed bis Johnny Cash, von den Heartbreakers bis zu Gaslight Anthem… Bunt bunt.

Trotz allem war ich froh das Ende der Wüste im Blick zu haben und freute mich auf Flachland, Wärme und grüne Landschaften.

Doch dann bog ich am östlichen Ende des Quaidam Beckens falsch ab und schon begann ein neues Abenteuer…

Aber davon in der nächsten Woche mehr!