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Statistik

Strecke im Land: 1390 km
Tagesdurchschnitt: 54 km
Tage in BG: 26
Tage auf dem Rad: 18
Höhenmeter überwunden: 16300m
Tagesdurchschnitt: 906m
Nächte im Zelt: 18
Nächte im Haus: 8
Pannen:
Kurbellager ausgetauscht
Freilauf kaputt
2 gebrochene Speichen
tägliche Ausgaben: 12,50€
und weiter geht die Fahrt... ins kyrillische Bulgarien

10.08.2014 - 04.09.2014

nachdem ich die Grenze zu Bulgarien erreicht hatte begrüsste mich ein Schild auf dem ich gar nichts lesen konnte. Bulgarien benutzt die kyrillische Schrift und damit beginnt das Abenteuer auch schon auf jedem Schritt im Alltag.
Auf den grösseren Strassen sind die Orte noch in beiden Sprachen angeschrieben, aber in der wirklichen Provinz hilft oft nur Buchstaben zählen, denn auf meiner Karte steht ja alles (ausser den grossen Orten) in lateinischen Buchstaben. Viele Bulgaren die mir anhand meiner Karte erklären wollten wo es langgeht konnten sie nicht lesen. Spannend, Spannend...
Alltägliches wird zur Herausforderung. Erstmal rausfinden wie man „Post“ auf Kyrillisch schreibt, bevor man ein Paket nach Hause aufgeben kann, den Lebensmittelladen erkennt man eher an der Auslage als an der Aufschrift und Essen geht man hier in „Pectopaht“ angeschriebenen Restaurants...

Aber das Abenteuer ist ja das was ich suche, also auf und hinein ins Chaos!

Meine erste Teilstrecke in Bulgarien führte mich entlang der Schwarzmeerküste nach Süden. Nachdem ersten ruhigen Abschnitt holte mich der massentouristische Wahnsinn kurz vor Varna ein. Hotelburgen noch und nöcher, riesige Gebäude am Strand und ganze Wälder von Sonnenschirmen auf den Stränden. So fuhr ich am ersten Tag gleich mal komplett durch den Goldküste genannten Abschnitt um nach Varna im Wald zu übernachten. Wunderte ch mir unterwegs noch über die saubere Landschaft, so holte mich mein Schlafplatz wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Um saubere Touristengebiete zu ermöglichen muss man eben die Wälder als wilde Müllkippen missbrauchen. Traurig.

Die zweite Etappe führte mich über einen Berg hinab in die Partyhochburg Nesebar, eine nur aus Hotels bestehende Stadt, die aus mehreren kleinen Orten zusammengewachsen ist. Mehr als durchradeln und den Kopf schütteln konnte ich nicht... Der erste Campingplatz danach war für zwei Tage meine Ruhe-Stätte. Nicht weit davon konnte man im salzigen Moor baden und danach ins Meer zum sauber waschen springen... herrlich, all die schwarzen Leiber am Strand :-)

Südlich von Burgas wurde der Rummel etwas kleiner und die Betonwüste (oftmals nur Rohbauskelette die aufgegeben wurden) lichtete sich. In Ahtopol fand ich das erste wirklich ruhige Fischerdorf und blieb für 2 Tage auf dem örtlichen Camping.

Mein weiterer Weg durch Bulgarien sollte mich durch den Süden führen, die Berge zogen mich magisch an. Nach einigen Tagen im hügeligen Grenzgebiet zur Türkei und zu Griechenland, das wundervolle Flusslandschaften und einsame Strassen bot führte mich mein Weg durch das Hinterland von Kardzali nach Plovdiv. Die Etappe dorthin war märchenhaft und erinnerte mich teilweise an Nepal. Entlang eines Flusses wand sich die Strasse hinauf in die Berge und auf der anderen Seite gelegene Dörfer wurden per Hängebrücke mit dem diesseitigen Ufer verbunden. Am Ende wand sich die Strasse die Hügel hinauf bevor ich wieder auf die Hauptstrasse nach Plovdiv traf.

Plovdiv selbst ist eine der ältesten Kulturplätze der Welt. Seit 6000 Jahren siedeln dort Menschen und so ist das Stadtbild von Gruben mit Ruinen durchzogen wie ich es eigentlich nur von Rom kenne. Die Stadt ist auf und um 7 Hügel erbaut worden, was Ihr den Beinamen `Rom des Ostens`eingebracht hat. Die Römer konnten offenbar nicht zählen und nannten die Stadt Trimontium (Stadt der drei Hügel). Die Altstadt ist nicht ganz so alt, aber die Häuser aus dem 19. Jhd sind schön anzusehen und laden, wäre das grobe Pflaster nicht (das einzige auf dem ich bisher nicht radfahren konnte), zu einem ausgeprägten Bummel ein. In der Stadt selbst sind ein römisches Theater und eine Arena mit geschätzten 30.000 Sitzplätzen erhalten geblieben, die teilweise unter der aktuellen Stadt liegt. Aus der osmanischen Zeit findet man noch zwei wunderschöne Moscheen. Plovdiv als Universitätsstadt zieht junge Menschen an, die Ihr wiederum diese unwiderstehliche Flair geben das ich schon in Pecs (Ungarn) so anziehend fand.

An meinem Day-Off fuhr ich mit Jana und Pawlina zwei tschechischen Mädels mit dem Bus in die Berge. Danach wusste ich wieder warum ich mit dem Bike unterwegs bin ;-) Aber ein lustiger Tag war es trotzdem...

Nach Plovdiv waren Berge auf dem Programm. So fuhr ich hinauf nach Borovets von wo ich den Musala bestieg. Endlich mal wieder frische Luft atmen...

Nach einem Besuch im Rilsky Kloster, das mich nach den wunderschönen Klostern in der Moldovitsa nur leicht begeistern konnte ging es in einer Zweitagestour nach Sofia, meinem letzten Stopp in Bulgarien...

Die Stadt ist trotz Ihrer Grösse im Zentrum sehr kompakt. Alle Sehenswürdigkeiten liegen in bequemer Laufreichweite und mit dem Rad ist es dann noch angenehmer... Auf dem Weg nach Sofia begegnete ich Bojo, der mich zu sich auf seine Couch einlud. Am ersten Abend war um die ecke ein Strassenfest, das mir gleich mal die Stadt näherbrachte. Nach den vielen kleinen Bergdörfern des Südens ein wirklicher Kulturschock. Aber sehr schön. Nach meinem Besuch in der Fahrradwerkstatt war Sightseeing angesagt. Die Stadt ist uralt. Das zeigt sich wenn man die ganzen Baugruben in der Stadt anschaut und die darin befindliche Stadt Serdica. Aus osmanischer zeit sind noch ein paar Moscheen übrig und ansonsten hat man nicht wirklich viele alte Gebäude. Bombardements des zweiten Weltkriegs und der kommunistische Bauboom haben das Stadtbild verändert und geprägt. 2 Nächte blieb ich noch bei Emil, Ihn hatte ich am schwarzen Meer bei Ahtopol kennengelernt... Danke dafür!

Trotz allem eine schöne Stadt die einen Besuch wert ist.

Von Sofia führte es mich zur serbischen Grenze wo ich mein 8. Land in Angriff genommen habe. Aber davon lest Ihr später mehr...

Hatte ich Anfangs an der Küste grosse Probleme mit dem Land und den Leuten warm zu werden wurde der Süden zu einem warmherzigen Trip durch die bulgarische Provinz. So trank ich mit Rentnern Kaffee, wurde von anderen zum Bier eingeladen und alle waren offen und neugierig. Viele sprachen wenigstens ein paar Worte Deutsch und so kam es immer wieder zu amüsanten Gesprächen am Strassenrand.

Wenn es ein armes Land in Europa gibt, dann ist es Bulgarien. Nirgendwo sonst auf meiner Reise kam die Armut im Alltag so zu Tage wie hier. Pferdekutschen sind noch häufiger als in Rumänien, die Häuser in einem bedenklichen Zustand, die Wohnblocks heruntergekommen. Einzig die Strassen haben mich überrascht, ausser ein paar Ausreissern nach unten, waren sie alle in einem ziemlich guten Zustand und so vielen mir die vielen Höhenmeter die ich im Süden zurückgelegt hatte auch nicht so schwer wie teilweise in Rumänien.

Mit einem Gehalt von 200-300 € im Monat kann man hier kaum leben und so ist es kein Wunder wie viele der 8,5Mio Bulgaren im Ausland arbeiten gehen. So sieht man auf den Strassen vor allem alte Leute, die sich wie auch in Rumänien auf die Bänke vor Ihrem Haus die Zeit mit ´Sightseeing´vertreiben...

Landschaftlich war es ein Höhepunkt meiner bisherigen Reise, die Gegend im Süden ist wunderschön, die Berge atemberaubend und wild (mit Bären von denen ich wieder keinen gesehen habe). Die Küste ist auch landschaftlich viel ansprechender als in Rumänien, wären da nicht die Bausünden... Wie ein deutscher auf einem Campingplatz in der Nähe von Nesebar meinte: In Deutschland eröffnen sie Pizzerien und hier bauen sie Hotels zum Geldwaschen... Korruption ist alltäglich für den Bulgaren, ich selbst hab davon nichts mitbekommen...

Die Romas haben hier auch keinen leichten Stand, meist wohnen sie ausgeschlossen von der Gesellschaft in Bruchbuden am Rand der Städte und Dörfer. Traurig...

Bulgarien kann ich jedem nur ans Herz legen der auf Natur und Ursprüngliches steht und sich nicht von der `Schriftbarriere`abschrecken lässt...