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hier taucht irgendwann mal eine Karte auf…
Statistik Kirgistan & Kasachstan (Teil 2)

Strecke: 1066 km KG 288 km KZ
Tagesdurchschnitt: 28 km KG + 48 km KZ
Tage im Land: 38 KG + 6 KZ
Tage auf dem Rad: 13 KG + 4 KZ
Höhenmeter überwunden: 8585 m KG + 1146 m KZ
Tagesdurchschnitt: 660 m KG + 288 m KZ
Nächte im Zelt: 33 KG + 3 KZ
Nächte in Häusern: 4 KG + 3 KZ
Pannen: 5 Plattfüsse, gebrochene Sattelstange, 8 gebrochene Speichen
tägliche Ausgaben: 14,00 € KG + 7,00 € KZ
Wenn das Leben dazwischen kommt
Als wir die ersten Kilometer hinter dem kirgisischen Grenzposten fuhren war es erstmal entspannend. Es ging geradeaus, es war sonnig und hinter uns lag ein absolut beeindruckender Gebirgszug durch den wir ohne es wirklich zu realisieren am Morgen hindurchgeradelt waren.
In Sary Tash hieß es erstmal durchatmen bevor wir, nach einer Nacht im Bett und durch 3 gute Mahlzeiten gestärkt, die letzten beiden Tagesetappen mit insgesamt 3 Pässen auf uns nahmen.
Die Strecke führte (hinter jedem Pass) tendenziell bergab, der Strassenbelag war gut und so fuhren wir hinab in die Zivilisation und auch wieder in die Vegetation. Anfangs waren es nur Büsche, die grösser wurden und irgendwann als richtige Bäume durchgingen. Die Vögel zwitscherten und die Bäche plätscherten in lustigen Kurven die Täler hinunter. Ich hatte mich spontan in dieses Land verliebt.
Rund um die Pässe konnte ich das erste Mal sehen warum Kirgistan den Spitznamen „Schweiz Zentralasiens“ führt, die Gegend erinnerte mich stark an die Schweizer Alpen.
Als wir nach einer langen zweiten Abfahrt, die uns hinab in die verbrannten Ebenen rund um Osh führte (die mich stark an Kasachstan erinnerten) endlich ankamen waren wir reif für eine Pause und die gab es dann auch.
Am Ende dieser Pause stand der Abschied denn unsere gemeinsame Reisezeit war hier vorbei. Katharina und ich befuhren ab sofort unsere eigenen Wege.
Meine sollten mich quer durch die kirgisischen Berge, dem Hauptkamm des Tian Shan (chinesisch für Himmelsgebirge) hinunter nach Bishkek führen. Ich wollte mir zum Abschluss der vielen Bergetappen noch ein bisschen wilde Strecke gönnen, denn die „mittlere Straße“ wie sie in diesen Tagen im Guesthouse genannt wurde hatte es in sich. 5 hohe Pässe und teilweise grausame Straßenverhältnisse. Belohnt würde man durch eine geniale Natur... Also nix wie los!
Aber es kommt meistens anders als man denkt und so war nach 2 Tagen schon Schluss für mich. Beim Umparken meines Rades bricht mir die Sattelstange ab. Ein Versuch ohne weiter zu radeln brach ich nach 5km ab. Unmöglich auf diesen Straßen und bergauf ohne Sattel zu fahren... Eine (für mich) neue Erkenntnis ;-)
Also zurück in die nächste Stadt trampen, ein Bauer nahm mich mit und das Rad teilte sich die Ladefläche mit 3 Schafen und im Laufe der Strecke auch mit 2 Kühen. Das alles erstaunlicherweise ohne Schaden zu nehmen. Der Bauer fuhr wirklich die kompletten 100km (im strömenden Regen)zurück in die Stadt und ich radelte nur noch um 2 Straßenecken zum nächsten Homestay. Dort schlief ich mehr schlecht als recht auf einer Klappcouch, genoss das leckere Frühstück und machte mich auf den Weg zum Taxi-Stand um ein Sammeltaxi nach Bishkek zu bekommen. Die Sattelstütze hat ein spezielles Maß das in Asien so nicht verwendet wird und dementsprechend schwierig wird es wohl werden selbst in der Hauptstadt eine neue zu bekommen...
10 Stunden später und mit viel zu vielen Bildern von der Strecke im Kopf kam ich dann in Bishkek an. Unterwegs lief mir die ein oder andere enttäuschte Träne über die Wange, denn die Gegend durch die ich fuhr war wunderschön. Zuerst ging es hinauf in die Berge an einem gigantischen Bergsee, dem Toktogul, entlang und nach einer ewiglangen Passanfahrt durch ein von Schneegipfeln gesäumtes weites Hochtal. Entlang des Flusses standen jede Menge Jurten. Traumhaft, wie gerne hätte ich dort oben geradelt und gezeltet...
Nach einer weiteren happigen Passanfahrt ging es durch einen Tunnel und dann hinab nach Bishkek. Mit dem Rad hätte ich eine Woche dafür gebraucht...
In der Stadt kam ich bei Angie und Nathan unter, einer Art Gästehaus für Radfahrer. Ausgestattet mit einem Garten zum Zelten, einer Fahrradwerkstatt und einer schönen heißen Dusche ein wahres Paradies. Es sollte für länger als gedacht mein Zuhause werden...
Erster Menüpunkt auf meiner Liste war das chinesische Visum. Eine Woche war die Bearbeitungszeit, aber irgendwie war ich nicht ganz auf der Höhe, und die Agentur, die alle Formalitäten für mich regelte (die Chinesen verlangen ziemlich genaue Angaben und die dazugehörigen Bestätigungen durch Hotels) machte 2 Wochen daraus.
War nicht weiter schlimm, denn ich wartete eh auf ein Paket aus Deutschland das meine defekten Dinge (Kocher etc.) ersetzen und Ersatzteile für das Rad enthalten sollte.
Ich nutzte die Zeit um mit Coco, einem französischen Radler einen Ausflug in die Berge südlich von Bishkek zu starten. Ziel war der 4527m hohe Utschitjel den wir auch am zweiten Tag erreichten. Die Aussichten ins Gebirge waren mindestens so atemberaubend wie der Tiefblick ins fast 4000m tiefer gelegene Bishkek… Wir stiegen noch ab zur Strasse und radelten mit unseren Rädern wieder die 40km zurück nach Bishkek. Intensive Tour die mir noch tagelang Schmerzen in den Oberschenkeln verursachte…

Aber auch hier gilt, es kommt meist anders als man denkt. Nachdem ich endlich einen Paketdienst gefunden hatte der mir das Ganze zu einem einigermaßen gesunden Preis nach Kirgistan schicken wollte, sollte es eigentlich nach nur 3 Tagen per Express da sein. Doch es kam nicht. Nach einer Woche fragte ich nach und bekam die Info das es leider verloren gegangen ist. Da UPS sich 2 Wochen Zeit nimmt das Paket wiederzufinden, war mir klar das wird nichts mehr. Mein China-Visum war inzwischen ausgestellt und die Zeit bis zu meinem letztmöglichen Einreise-Datum lief.
Mein Rad brauchte auch eine größere Überholung, denn die 22000km sah man Ihm inzwischen an. Die benötigten Teile (Speichen und Sattelstütze) konnte ich (irgendwie hatte ich so ein Gefühl das mit dem Paket etwas nicht stimmt) über Patrick, einen Schweizer der Besuch von seinem Vater bekam, bestellen. So bin ich ab sofort auf einer niegelnagelneuen und neu bespeichten Hinterradfelge unterwegs. Den Antriebsstrang (Ritzel Kassette und Kette) hatte ich schon seit 10.000km dabei und musste Ihn dann doch endlich austauschen und dann hoffte ich meine beiden ausgelutschten vorderen Ritzel nun in Almaty ersetzen zu können.
Dummerweise gab ich Ihm meine Bergschuhe mit nach Hause in der festen Überzeugung im Paket einen Ersatz dafür zu haben. Jetzt musste ich mir auch noch neue Winterschuhe in Almaty suchen...
Dann kam langsam Plan B ins laufen. Ich radelte am wunderschönen Yssyk Köl entlang nach Kasachstan und genoss die Natur Kirgistans in vollen Zügen. Kurz vor der Grenze zeigte Kasachstan schon langsam wieder sein gewohntes Gesicht und die Gegend begann wieder karger zu werden. Nach drei langen Tagen auf den meist unspektakulären Straßen des Landes erreichte ich Almaty, das den Ruf hat die Stadt mit den besten Einkaufsmöglichkeiten in ganz Zentralasien zu sein.
Zwei geschäftige Tage später hatte ich viele meiner Wunschpunkte auf meiner Liste abgehakt und fuhr mit Bus zurück nach Bishkek um von dort mit dem Sammeltaxi weiter nach Osh und Sary Tash (das vom Anfang der Geschichte)zu reisen. Das ganze wurde zu einer insgesamt 17stündigen, multikulturellen Fahrt in einem viel zu engen Minibus. Ich teilte Ihn mir mit einem Chinesen, einem Uiguren (den Bewohnern des chinesischen Westens), einem Usbeken sowie 3 Kirgisen. Ein unglaublicher Sprachenmix, bei dem ich wohl als einziger kein Wort verstehen konnte. Unterwegs gab es einige teils wirklich spektakuläre Unfälle zu bestaunen, sie fahren wirklich wie sie reiten die guten Kirgisen... Ich fühlte mich schon nach 5 Stunden wie zusammengefaltet und als ich am Morgen in Osh noch über den Preis für den zweiten Teil diskutieren musste war ich schon etwas dünnhäutig. Als der Fahrer meines ersten Taxis auch noch nachbessern wollte wär ich fast geplatzt. Nicht das ich nicht angemessen bezahlen wollte, aber ich hatte auch nicht mehr mehr kirgisisches Geld einstecken, konnte also gar nicht mehr zahlen
In Sary Tash, das auf über 3000m Höhe liegt, fiel ich erst mal tot aufs Bett um dann am nächsten Morgen einigermaßen erfrischt mich aufs Rad zu schwingen die letzte Tagesetappe über den letzten Pass bis zur chinesischen Grenze anzugehen.

Hier erwarten mich neue und wahrscheinlich meine bisher grössten Abenteuer, in diesem gigantischen Land werde ich die nächsten 2 Monate verbringen. Aber davon, wie gewohnt, das nächste Mal mehr!

Der Aufenthalt im Land lief komplett anders als es geplant war. Die langen Aufenthalte in Gästehäusern in Osh und Bishkek waren super um Informationen zu sammeln und Geschichten auszutauschen, aber man lernt so nun mal keine Einheimischen kennen. So genoss ich die wenigen Gelegenheiten bei denen ich in die Kultur der Kirgisen eintauchen konnte und ansonsten bot die Kulisse des Landes einiges zum schauen und staunen. Durch meine vielen Taxi-Fahrten (ich bin tatsächlich mehr KM mit dem Taxi als mit dem Rad gefahren) bleibt mir auf jeden Fall noch einiges zum Radeln sollte ich ein zweites Mal in dieses wunderschöne Land zurückkommen...