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Geschafft!

mein erster komplett durchradelter Kontinent. Intensiv, Intensiv!

als ich vor eineinhalb Jahren im Boot über den Bosporus übergesetzt bin, dachte ich an viele Abenteuer. Aber ich konnte mir nicht wirklich vorstellen was alles auf mich zukommen würde. Jetzt liegt das alles hinter mir und wirkt teilweise völlig unreal.

Ich habe die Wege von unzähligen Menschen gekreuzt bin einigen wirklich begegnet. Diese flüchtigen Momente waren manchmal inspirierend, die Intensiven waren meistens berührend. Sie haben mir einiges über Land und Leute aber vor allem über den Jeweiligen und allgemein den Menschen gezeigt.

Der Mensch strebt nach dem gleichen, sei es Grundsätzliches wie Glück, Familie, Geborgenheit und Sicherheit oder sei es die durch unsere Konsumwelt vermittelten Werte. Das Streben nach Dingen, Reichtum und Anerkennung im Sinne der Werbung wird immer stärker und hat mich teilweise ziemlich verstört.

Das Familienbild, das Asien viel stärker prägt als es Europa noch tut, leidet unter dem Fortschritt. Der Mensch wird in die Maschine des Wachstums und des Fortschrittes gepresst und versucht so beiden gerecht zu werden. Der Tradition und dem Fortschritt. Das funktioniert nur bedingt.

Genauso bedingt wie unsere Werte in Asien passend wären. Der Kontinent tickt anders. Hier ist Zeit das höchste Gut oder besser die grösste Selbstverständlichkeit. Eine harte Schule durch die man als Europäer durch muss wenn man hier in Asien bestehen will. Es geht nicht sofort und morgen auch nur vielleicht.

So entspannt das ist wenn man sich dem Flow hingibt kann es wenn man mal wirklich unter Zeitdruck steht auch ganz schön nervig sein. Kollidiert diese Mentalität mit dem westlichen Qualitätsmanagement kann das ganz schön krachen. Viele in den bereisten Ländern arbeitende „Westler“ haben mir diese Verständnisschwierigkeiten beschrieben.

Es zeigt mir eine schöne Sache, etwas das mich dazu bringt zu Reisen: Die Welt ist trotz aller Tendenz zur Gleichschaltung divers und spannend. Gerade diese Unterschiede machen die Spannung aus die beim Reisen den Geist wach hält und die Muskulatur im Gesicht zu einem Lächeln verleitet.

Manchmal gefriert einem dieses Lachen auch, denn die Kehrseite ist nunmal die Ungerechtigkeit. Die Armut ist teil der Kultur und wird akzeptiert. Religion ist bei der Bekämpfung da eher hinderlich als hilfreich. Hinzu kommt die weitverbreitete Korruption die man als Reisender selten mitbekommt die das Leben des einzelnen im Land aber immens schwieriger macht. Selbstbereicherung steht hier ganz oben auf der Liste der Lebensziele.

Die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Ländern sieht man ganz deutlich. China schreitet voran während sein Nachbar Laos ganz klar mehr in der dritten Welt Zuhause ist. Thailand boomt und Kambodscha vegetiert vor sich hin. Ehemalige Sowjetrepubliken hadern immer noch mit dem Verlauf der Geschichte während Iran eigentlich nur durch die Sanktionen vom durchstarten abgehalten wird. All diese Entwicklungen haben eigentlich nur eines gemeinsam: die negativen Auswüchse (Enteignungen, Umweltverschmutzung, Abholzung…) bekommt hauptsächlich der kleine Mann zu spüren während das grosse Geld bei wenigen im Land ankommt… Kapitalismus pur, selbst in kommunistischen Ländern.

Ich habe viele Höhepunkte erlebt, wobei das Wort im klassischen Wortsinn nicht passt, denn es waren die kleinen Dinge die mich sehr oft glücklich gemacht haben. Kleine Geschenke von Leuten, ein Lächeln von Kindern oder alten Männern, Ausblicke nach vorne oder auch zurück, Essen das man nach einer körperlichen Leistung intensiver geniesst.

Generell hat die körperliche Anstrengung alle Sinne geweckt, den Körper gestrafft und unglaublich widerstandsfähig gemacht. Ich habe die Grenzen meiner Belastbarkeit bewusst aber meist auch ziemlich unbewusst immer weiter hinausgeschoben und so viel über die Physis aber auch über meine Psyche gelernt. Denn der Kopf bringt dich weiter, lange nachdem der Körper schon seine Grenzen vermeldet hat ist es der Geist derjenige der dich hinaufbringt. Spannend, das ganze.

Nach nun gut eineinhalb Jahren in diesem Bienenhaus Asien habe ich genug gesehen für den Moment. Ich habe es in Vietnam ganz klar gemerkt und seit dem auch eher auf Sparflamme erlebt. Nun freue ich mich auf neue Herausforderungen in der Einsamkeit des nördlichen Endes des amerikanischen Kontinents…

Definitiv ein Erlebnis das ich zu gegebenem Zeitpunkt fortführen werde, denn ein paar der spannendsten Ecken stehen ja noch unbesucht herum…

Hier für alle die es interessiert noch ein paar Zahlen:

Statistik Asien:

Reisedauer: 492 Tage
Länder durchquert: 14

Kilometer zurückgelegt:

Mit dem Rad: 25365km
Mit dem Bus: 3420km
Mit dem Taxi: 1843km
Mit dem Zug: 425km
Mit dem Flugzeug: 2874km
Mit Pickup: 350km
Mit dem Schiff: 40km

Gesamtkilometer Asien: 34317km

Höhenmeter mit dem Rad: 197.700m

Übernachtungen:

Im Zelt: 224
Im Hotel: 193
Bei Freunden: 76
Im Bus: 7

Gesamt: 492 Nächte

das ganze sieht dann in die einzelnen Länder aufgeteilt so aus:
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