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Statistik

Strecke im Land: 3233 km
Tagesdurchschnitt: 47 km
Tage in TR: 70
Tage auf dem Rad: 46
Höhenmeter überwunden: 36667m
Tagesdurchschnitt: 797m
Nächte im Zelt: 34
Nächte in Häusern: 36
Pannen: 3 Plattfüsse
tägliche Ausgaben: 11,83€
…und jetzt kommt der Winter!

dachte ich und wurde erstmal auch nicht enttäuscht.
Nachdem ich über Ürgüp und dahinter einen höllensteilen Berg hinauf (bis zu 19% Steigung) aus Kappadokien herausgekrabbelt war hielt mich meine Route meist über 1200m. Meine dritte Millionenstadt Kayseri lag auf meinem Weg wo ich auf der Strasse von einem radelnden Jungen angesprochen wurde der mir eine Blitz-Stadtrundfahrt geben wollte… Da ich nur durchradeln wollte und es schon dämmerte stimmte ich Ihm zuliebe zu. Ich folgte Ihm mit vollgepacktem Rad durch Gassen und Basare um in der alten Karawanserei zu landen in der sein Onkel einen Teppichhandel betreibt… Zwei Cay gab es zur Begrüssung bevor er begann mir seine Kollektion vorzuführen. Ich konnte Ihn dann aber freundlich davon überzeugen das ich auf dem Rad (und zuhause) keinen Bedarf für Teppiche habe… Als ich hinter der Stadt mein Zelt aufgestellt hatte war es dann schon stockdunkel. Aber ich hatte die Highlights von Kayseri gesehen, prima!

Danach kamen die Pässe und die Einsamkeit. 4 Pässe bis zu 1900m hoch folgten in den kommenden 4 Tagen und die Temperaturen näherten sich dem Nullpunkt (tagsüber) und rauschten darunter (nachts). Die Strecke hatte etliche schöne Blicke auf die umliegenden Bergketten war aber im grossen und ganzen öde. Der Reiz der Landschaft lag in Ihrer Weite, aber durch den Schnee der meist schon um mich herum lag gab es kaum farbliche Abwechslung fürs Auge.

In Gürüp ging es hinab und ich folgte dem tief ausgewaschenen Tal des Sucati für einige Kilometer. Auch hier gibt es Höhlen in den Felswänden, aber weniger spektakulär… Vor dem Anstieg zum letzten Pass standen die … Verkäufer. Malatya hinter dem Pass ist berühmt für diese Frucht und so gibt es sie hier in allen erdenklichen Arten. Getrocknet, in Schalen mit anderen Süssigkeiten als Geschenk und sogar die Kerne werden gesalzen verkauft. In den Hütten hab ich dann auch einige Angebote für Cay angenommen während ich viele andere ablehnen musste sonst wäre ich wahrscheinlich heute noch da ;-)

Vom Pass runter nach Malatya regnete es und so war ich froh Abends in der Stadt in ein Hotel einchecken zu können. Mein Bike parkte direkt in der Rezeption des Hotels (die nur aus einer Nische im Flur bestand), so dass man den Integrierten Tabakladen fast nicht betreten konnte… Malatya ist eine Grossstadt ohne besonderen Reiz. Aber das macht es aus. Ich schlenderte den Abend noch durch den Basar und die Gassen und genoss bei einem Tavuk-Dürüm (Hühnchen-Kebab in Fladenbrot gerollt) für unschlagbare 50 €-Cent das Treiben in den Strassen.

Am Tag darauf machte ich mich auf um über Elazig hinauf zum Havar Gölü zu radeln. Von dort ging es hinab ins wilde Kurdistan. Ich folgte dem Tal des Maden Cayi durch das sich die Strasse wunderbar schlängelte vorbei an Maden, einer Kleinstadt (die mich massiv an Nepal erinnerte) und erreichte nach 2 weiteren Tagen Diyarbakir, die regionale Hauptstadt Südostanatoliens. Dieser kurdische Teil des Landes macht seit Gründung der Türkei schwere Zeiten durch. Die Kurden sind eine unerwünschte Ethnie und so müssen sie im türkischen Staat mit etlichen Repressalien rechnen. Ihre Sprache darf nicht gelehrt werden un das Zeigen jeglicher Symbole die auf Kurdistan anspielen steht unter Strafe. So kommt es immer wieder zu gewaltsamen Demonstrationen denen die Sicherheitskräfte hart entgegentreten. So gab es während Protesten wegen Kobane in Syrien erst vor kurzem wieder 4 Tote in der Stadt. Das Strassenbild wird dann auch (vor allem gegen Abend) von Polizisten mit Schusssicheren Westen, automatischen Waffen und gepanzerten Fahrzeugen dominiert.
An sich ist es aber momentan ruhig in der Stadt und so schlenderte ich durch die Gassen und über die 6km lange Mauer die seit byzantinischer Zeit (300 n.Chr) die Altstadt umschliesst. Schöner Fleck mit viel Charme und wunderschönen Gässchen und Plätzen.
In den Gassen wurde mir immer wieder Marihuana angeboten das laut den Verkäufern zum besten der Welt gehören soll. Die Polizei ist wohl gegen den örtlichen Handel machtlos, während sie gegen den „Export“ in andere Regionen rigoros mit Strassensperren und Kontrollen mit Hunden vorgeht… Die Gewinnspanne beim Verkauf in istanbul und Umgebung triebt aber immer wieder Leute dazu das Risiko auf sich zu nehmen.

Meine Reise durch Kurdistan wollte ich mit einem Besuch in Hassankeyf abschliessen. Das kleine Städtchen liegt am Tigris, der sich von der Türkei kommend teilweise schluchtartig in den Irak schlängelt. Auch hier sind Höhlen in den Fels gehauen und Bauwerke erinnern an die Jahrtausende alte Geschichte des Ortes. Ein zaghafter Tourismus kommt auch auf und so hat es einigen Flair hier unten. Einziger Wermutstropfen ist die Aussicht das ein Grossteil der Stadt dem Untergang geweiht ist. Die Türkei plant Flussabwärts ein giganisches Staudammprojekt das diesen Teil des Tales komplett überfluten würde. Da die Regierung gegen internationale Proteste recht immun ist kann man damit rechnen das sobald die Finanzierung geklärt ist der Bau beginnt. Schön es nochmal gesehen zu haben. Das Wetter verwöhnte mich mit 2 sonnigen Tagen an denen die Temperatur auf über 15°C anstieg und so konnte ich noch ein wenig Wärme tanken bevor es rund um den Van Gölü dann sicherlich empfindlich kalt und winterlich werden würde.

Inzwischen befand ich mich nur noch rund 50km Luftlinie von der syrischen Grenze entfernt und merkte das auch. Nachts flogen Kampfflugzeuge über mein Zelt und die Lager der Jandarma (paramilitärische Kräfte) wurden immer häufiger. Südlich von Diyarbakir radelte ich auch an meinem ersten Flüchtlingslager vorbei (Millionen Syrer sind in der Türkei untergekommen). Ganz behaglich war mir die Nähe zum Krieg dann doch nicht und so sollte es nach Hassankeyf zurück nach Norden und damit in die Berge gehen.
Aber es kam mal wieder alles anders. Auf der Suche nach meinem Weg (ich fahre ungern eine Strecke zweimal) ging es doch noch ein bisschen südwärts und ich bog auf eine Nebenstrasse in die Berge ein. Nachdem aber keiner der Leute die ich fragte die Orte kannte die auf meiner Karte vermerkt waren war mir das ganze dann doch nicht ganz geheuer. Also entschied ich mich über eine andere Strasse weiter südlich zu fahren. Dafür wurde ich belohnt. Am ersten Tag folgte ich einer neu asphaltierten Route nach Osten um am Abend am Ilisu-Staudamm anzukommen. Das Bauwerk das Hassankeyf den gar ausmachen wird ist schon fast fertig und gewaltig. Ich quälte mich noch ein bisschen der Berg hinauf und baute dann mein Zelt auf.
Am nächsten Morgen erwartete mich strahlender Sonnenschein und einer der besten Radeltage bisher. Die Strecke führte mich noch ein bisschen den Berg hinauf und gab tolle Blicke in die Tigrisschlucht frei. Oben angekommen kreuzte ich das Plateau um auf der anderen Seite wieder ins Tal des Tigris hinabzurollen. Diesem folgte ich von nun an 40km. Die Strasse schlängelte sich am Flussufer entlang und wurde von den Felswänden teils fast erschlagen…
Unterwegs traf ich 4 Jungs aus Siirt, die mir spontan Frühstück anboten. Gegen Abend verliess ich das Tigristal und folgte dem Boten Cayi, der in einer ebenso beeindruckenden Schlucht durchs Land floss. Ich traf die Jungs wieder und sie luden mich nach Siirt zu sich ein. Also fuhr ich die letzten 15km auch noch obwohl ich schon ziemlich müde war. Es wurde dunkel und Nebel zog auf. Ich erreichte die Stadt und wurde von einer Strassensperre begrüsst, die ich aber ohne grosse Probleme durchfahren durfte. In der Stadt funktionierte die Strassenbeleuchtung nur teilweise. Zusammen mit dem Nebel muss es für die Leute am Strassenrand genauso befremdlich gewesen sein wie für mich („war das eben ein vollgepackter Radfahrer im Nebel?“) Nach 4x Fragen (sie hatten mir Ihre Adresse aufgeschrieben) kam ich vor der Haustür an. Dort erwartete man mich freudig und ich wurde nach einer heissen Dusche zum Essen gebeten… Herrlich!
Am nächsten Tag packten die Jungs mich morgens ein und nahmen mich mit zu einer Stadttour der besonderen Art. Sie arbeiteten alle für das städtische Stromunternehmen und waren nur damit beschäftigt säumige Kunden vom Netz zu nehmen. 1500 Abklemm-Aufträge monatlich werden bearbeitet. Da brauch ich mich nicht zu wundern warum die Stadt nachts so dunkel ist…
Zwei Tage in Siirt haben mir die kurdische Kultur etwas näher gebracht. Wir spielten zusammen und haben das essen geteilt (immer auf dem Fussboden). Da die Eltern zu Besuch kamen musste ich die letzte Nacht noch ausweichen und kam sogar in den Genuss in einer Moschee zu übernachten. Speziell. Aber irgendwann muss man dann doch weiter.

Auf dem Weg zum Van Gölü ging es durch ein Flusstal hinauf nach Bitlis. Wieder eine coole Stadt, ins enge Tal gequetscht und vollgepackt mit Geschichte und deren Gebäuden. Kurz danach kam ich zum See selbst. In Tatvan blieb ich eine Nacht im Hotel bevor ich mich am Südufer entlang durch die Berge auf den Weg nach Van machte. Immer wieder tauchte der See zwischen den schneebedeckten Berggipfeln auf und es öffnete sich ein tolles Panorama über diesen riesigen See. Während die Gipfel im Süden bis 3500m hinauf gehen wächst auf der anderen Seite ein 4400m hoher Vulkan in die Höhe der sich aus dem Dunst der über dem See liegt erhebt. Nicht weit vom Ufer entfernt liegt die Insel Akdamar Adasi. Auf Ihr steht eine 1100jährige Armenische Kirche der ich einen Besuch abstattete. Da es etwas diesig war war die Szenerie auf der Insel nicht ganz so atemberaubend, aber die Kirche ist wunderschön.

In Van kam ich mal wieder bei einem Warm-Showers Mitglied unter. Levent, der hier als Arzt arbeitet nahm mich trotz ausserplanmässigem Auftauchen herzlich auf und führte mich die folgenden Tage in seinen Freundeskreis ein. Eine absolut liberale weltoffene Runde mitten in dieser konservativen Gesellschaft. Erfrischend. Die jungen Ärzte und Lehrer werden vom Staat in Ihren ersten Jahren in die Pflicht genommen und müssen an entlegenen Orten (meist weit im Osten) dienst tun. Erst danach können sie frei entscheiden wo sie arbeiten möchten. So hat sich hier eine Runde von „Zwangsverpflichteten“ gefunden die das beste aus Ihrer Situation macht. Für Lehrer ist es wohl besonders schwierig, da die örtlichen Kinder oft erst in der Schule richtig türkisch lernen (zuhause wird kurdisch gesprochen), das Schulsystem aber voll auf türkisch sprechende Kinder ausgelegt ist. Ein weiterer Grund warum der Osten des Landes der Entwicklung hinterher hinkt.

Während meines Aufenthaltes in der Stadt zeichnete sich ab das die Situation meiner Eltern ein Heimkommen erfordern würde. Diesmal werde ich bleiben bis die Situation bereinigt und in geregelte Bahnen gelenkt ist. Dies bedeutet für Emiren Reise eine Unterbrechung für mindestens zwei Monate. Schade, aber die Familie geht vor.

Nach nunmehr 55 Tagen im Land kann ich ein durchweg positives Fazit ziehen. Die Gastfreundschaftlichkeit der Menschen war grossartig, Die Grösse dieses Landes hat mich teilweise geschafft. Ewige Strecken über Grosse Ebenen und Hochplateaus forderten Geduld und Durchhaltevermögen. Aber immer wieder wurde ich von Landschaften für all die Strapazen entschädigt, wenn es nicht diese waren dann die Menschen unterwegs. Die Zeit ht mir einen Einblick in die Kultur der Türken und Kurden gegeben, in Ihre Befindlichkeiten, Probleme und Ihren schwierigen Weg in die westliche Kultur. Dieser Konflikt von Tradition und Liberalität zeigt sich überall.
Das Verhalten zur Umwelt ist wie in allen südlichen und asiatischen Staaten fragwürdig. Die schönsten Ecken werden immer wieder von wilden Mülldeponien befleckt und das „Loslassen“ (fallenlassen von Müll) das in Asien Gang und Gebe ist muss ich mir erst wieder angewöhnen.
In die Strassen werden Unmengen an Geld investiert und so war ich meist auf frisch und gut ausgebauten 4spurigen Strassen unterwegs die teilweise mit unglaublichem Aufwand aus der Landschaft geschlagen wurden. Leider wird da nicht immer drauf geachtet wie es danach ausschaut. So manches wundervolle Tal besteht danach eben nur noch aus Strasse…

Das Land ist mindestens noch eine Reise wert. Den Südwesten den ich wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit auslassen musste sowie einige der Berge die ich auf meinem Weg passiert habe wegen mich nochmal zurückholen. Mal sehen wann das sein wird.

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So, nun ist es soweit… nach fast 4 Monaten in Deutschland bin ich in die Türkei zurückgekehrt. Der Flug brachte mir schone Ansichten von Istanbul und die Berge Anatoliens erweckten den Entdeckerdrang in mir wieder.

Doch zuerst einmal Wiedersehen und Einsammeln. Das Erste geschah mit meinem Rad und auf Ihm sitzend Levent, mein Gastgeber der die Zeit auf meine Sachen aufgepasst hatte. In den vier Tagen in Van konnte ich wieder einiges mit den Freunden von Levent unternehmen und mir auch die Zeit nehmen meine Sachen zu reorganisieren. Eines Morgens war es dann soweit und ich sass vollgepackt wieder auf dem Rad. Nordwärts entlang des Van Gölu radelte ich neuen Abenteuern entgegen.

So ging es erst einmal wieder in die Berge wo mich der 2644m hohe Tendürek Pass daran erinnerte das meine Kondition arg gelitten hat. Sicher war es auch die Höhe, denn klimatisiert hatte ich mich in den wenigen Tagen ja auch noch nicht. Die Aussicht kurz hinter dem Pass entschädigte für alle Plackerei. Der Ararat im türkischen Agri Dagi (sprich Arih Darih) stand vor mir. eine einsame schneeweisse Pyramide reckte sich in den Abendhimmel. Kurz danach hatte ich einen schicken Zeltplatz gefunden und konnte so auch das Panorama am Morgen geniessen.

Bergabwärts führte mich der Weg dann nach Dogubayazit, wo ich den Palast Ishar Pasha besuchen wollte. Der liegt oberhalb der Stadt auf einem Felsplateau und wie man es von den Türken gewohnt ist wurde die Strasse (holpriges Kopfsteinpflaster) möglichst steil angelegt und mit möglichst wenig Kurven versehen. Puh, die Aussicht und der Palast entschädigten für die Mühe und so konnte ich bei ständig wechselnden Lichtverhältnissen diese unglaublich vielfarbige Landschaft in mich aufsaugen. Atemberaubend!

Mein weiterer Weg führte mich weiter nördlich über den Pamuk Pass hinab nach Igdir (sprich Irrder) wo mich die Natur begann auf die Probe zu stellen. Nach einigen Kilometern durch grüne Obstplantagen war ich auf einmal auf einem kahlen Plateau und der Wind kam orkanartig über mich. Meist von vorne oder seitlich stellte er meine Kraft aber auch meine Koordination auf die Probe. Jedes mal wenn ich von einem LKW überholt wurde fehlte der Seitenwind und ich fiel fast auf die Strasse. Gar nicht so ohne. Die Strecke hatte, abgesehen von den Farben der Felsen und der Erde, nicht viele Reize und so konnte ich mich ganz dem Wind widmen. Nachdem ein übler viertelstündiger Schauer (bei Gegenwind wie Nadelstiche) mich durchnässt hatte kam die Sonne raus und der Wind wich einer weiteren grünen Oase.

Inzwischen befand ich mich nur ein paar Hundert Meter von der armenischen Grenze entfernt und das Flusstal durch das ich fuhr war wirklich idyllisch. Sobald ich es wieder verliess (auf einer steilen Rampe) kam der Wind zurück. Der schob mich in die eine Richtung während ich in die andere fast nicht vorwärts kam. Oben angekommen wurde es noch schlimmer. Im kleinsten Gang schlich ich auf ebener Strecke mit 5km/h vorwärts und versteckte mich abends irgendwann in einem Felsgraben vor der Grenzwache. Fix und Alle…

Das Wetter blieb mir auch bis zur Grenze treu, variierte nur ein wenig mit Temperatur und Feuchtigkeit… Mein nächstes Ziel war Ani, eine historische Metropole der Seidenstrasse (man erreicht sie (Abkürzung) über eine Schotter und Erdstrasse mitten durchs nirgendwo) von der aber nur noch Trümmer übrig sind. Die lohnen aber einen Ausflug, ich traf noch Simon und Davide die auch mit dem Rad unterwegs nach Osten sind und so blieb ich eine Nacht dort und wir tauschten Infos und witzige Stories aus. Sie waren die ersten Radler die ich seit Albanien getroffen habe…

Der nächste Tag war der absolute Tiefpunkt. Das Wetter legte nach einen Zacken zu und ich entschied, weil es gestern so gut gegangen war ein paar Kilometer über Nebenstrassen abzukürzen. Ergebnis: Ich fuhr mich in klebrigem Matsch fest und stand mitten im Nirgendwo ohne Aussicht auf Fortkommen. Als nach einer Stunde ein Bauer kam, war ich froh. Er lud mein Bike, Gepäck und mich auf und brachte mich auf die Teerstrasse zurück. So durfte ich 30km zurückradeln (natürlich gegen den Wind) und wurde von Hagel und Graupel gepeitscht. Ein 2000m-Pass musste auch noch erklommen werden und so war ich heilfroh als ich mit Einbruch der Dämmerung ein Plätzchen gefunden hatte.

Morgens dann die Überraschung: 5cm Neuschnee und (hurra!) 2 platte Reifen… Das Rad war noch völlig eingesaut von gestern und so wurde die Suche nach dem Loch zur Schlammschlacht… Hab´s nicht gefunden und dann einfach wieder aufgepumpt und los ging es. Ziel heute der Cildir Gölu, ein See oben auf 2000m hinter dem es dann hinab nach Georgien gehen wird. Wetter wie gewohnt, diesmal mit Schneeschauern gespickt, Straße steil und teilweise in verheerendem Zustand. Am See angekommen konnte ich beginnen zu geniessen… Die Strasse wand sich entlang des Ufers und der Wind war nicht mehr ganz so penetrant. Kurz vor der Stadt Cildir fand ich ein nettes Plätzchen am Seeufer wo ich mein Zelt aufschlagen konnte bevor es begann richtig zu schneien.

Am Morgen war wieder alles Schneebedeckt und es schneite weiter… In Cildid erfuhr ich dann das die Grenze bei Aktas, wo ich geplant hatte nach Georgien hinüber zu fahren, geschlossen ist. Die Alternative ging über die Berge. Nördlich von Cildir ging es über einen 2550m hohen Pass hinunter nach Georgien. Also ran an die Arbeit. Der Tag blieb Niederschlagsreich, die Strasse ging erst nochmal ein gutes Stück runter und der Schnee wurde feuchter. Irgendwann brach ich die Übung ab und baute mein Zelt auf. Eine weitere kalte feuchte Nacht stand bevor. Am Morgen dann doppelter Frust: Die Gangschaltung und die Bremsen waren eingefroren und der Vorderreifen platt. Es war zu kalt zum Flicken also pumpte ich auf und verschob das ganze in die nächste Ortschaft. In einer Motorradwerkstatt gab es ein Eckchen wo ich mich austoben konnte. Nur die Gangschaltung die kam nicht wieder in die Gänge. Nur der vordere Umwerfer funktionierte (mit einem kleinen Tritt) und so blieben mir nur 3 Gänge für den Pass. Aber es ging ja aufwärts, was soll´s!

Der Wind frischte wieder auf und kam (traditionell) von vorne. Im Laufe des Tages so stark, das ich auf den letzten 3km vor dem Pass nicht mehr auf dem Rad bleiben konnte. Es war zu steil und der Wind bremste mich zusätzlich. Also schob ich das Rad bei Sturm hinauf. In den Nebel, das dichte Schneetreiben und die zunehmende Kälte. Ich glaubte schon gar nicht mehr das es ein "oben" gab als das Schild auftauchte. Mit einem Liedchen auf den Lippen ging es nach dem obligatorischen Foto hinab ins Tal. Der Schnee wurde noch dichter und die Kälte nahm mit der Geschwindigkeit zu. Da die Bremsen wieder eingefroren waren konnte ich eh nicht so schnell fahren…

10km vor der georgischen Grenze gab ich dann auf. Durchgefroren und Fix und Alle schlug ich das Zelt ein letztes Mal auf türkischem Boden auf. Der Himmel klarte auf und es wurde knackig kalt…

Am Morgen erwachte ich bei strahlendem Sonnenschein und konnte hinter mir sogar die Berge sehen durch die mich der gestrige Tag geführt hatte. Vor mir lag ein neues Land und neue Abenteuer, aber davon demnächst mehr…