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Statistik


Strecke im Land: 1471 km
Tagesdurchschnitt: 74 km
Tage in YU: 20
Tage auf dem Rad: 18
Höhenmeter überwunden: 13130m
Tagesdurchschnitt: 730m
Nächte im Zelt: 16
Nächte im Häusern: 4
Breakdowns: 0
Daily Average: 11,70€

Nach Bulgarien kam mein nächstes Abenteuer auf mich zu.

Jugoslawien, oder was davon übrig geblieben ist.

04.09.2014 - 24.09.14

Der Krieg in den Neunzigern hat Spuren hinterlassen, nicht nur in der Landschaft und auf den Häuserfassaden sondern auch bei den Menschen. So bin ich auf meiner Fahrt durch 5 Länder gefahren die einmal unter dem Dach Jugoslawiens vereint waren.

Die Entwicklung in den einzelnen Ländern könnte nicht unterschiedlich sein. Während Kroatien schon in der EU und wirtschaftlich stabil ist kann man das vom Kosovo nicht wirklich behaupten.

Aber alles der Reihe nach...

Von Bulgarien kommend fuhr ich einen Tag durch Serbien um schon wieder an einer Grenze zu stehen. Kosovo. Im Vorfeld hatte ich das Land nicht auf meiner Liste stehen und so war ich recht ahnungslos als ich an der Grenze meinen Pass zum stempeln abgab. Kurz nach der Grenze wurde ich an einer Tankstelle herzlich aufgenommen und blieb dort auch gleich für eine Nacht. Obwohl eigentlich nur einer leidlich deutsch sprach war es ein schöner Abend und ein perfekter Start in ein neues Land...
Auf meiner weiteren Tour durchs Land sah ich am Strassenrand fast nur neue Häuser und Läden. Nach dem Krieg wurden im Kosovo fast 50.000 neue Häuser gebaut und so sieht man (ausser Gedenksteinen und Gräbern) fast nichts mehr vom Konflikt. Irgendwie scheint jeder dort mit irgendetwas zu handeln, Läden (und die übliche Autowaschanlage) gibt es wie Sand am Meer...
Die Wirtschaft hier stützt sich zu einem recht grossen Teil auf die zurückfliessenden Devisen der in Europa arbeitenden Angehörigen. Nebenbei ist Kosovo (laut offiziellen europäischen Angaben) die grösste Eintrittspforte für Drogen in Europa. Diese Schattenwirtschaft lässt grosse Gefälle in der Gesellschaft entstehen. Grosse teure Autos sieht man recht häufig auf den Strassen. Aufgrund der ungeklärten Verhältnisse (die Unabhängigkeit ist nicht von allen, vor allem auch nicht von Serbien, anerkannt) gibt es grosse Reisebeschränkungen für die Einwohner. So stiess ich auf viele sehnsüchtige Blicke wenn es um das Thema Reisen ging. ganz abgesehen davon dass sie es sich gar nicht leisten können zu reisen.

Ich unternahm eine schöne Rundtour nach Prizren im Süden und Pece im Westen des Landes bevor ich mich Richtung Norden nach Mitrovica aufmachte. Die Stadt ist bekannt aus den Medien als geteilte Stadt die zum einen Teil von Serben und auf der anderen Seite von (Kosovo-) Albanern bewohnt wird. Als ich abends ankam fiel der Unterschied im Abendlicht krass ins Auge. Kommt man von Süden durch das lebendige blinkende und wimmelnde Mitrovica auf den Fluss zu, so spürt man spätestens an der Brücke, die von italienischen Karabinieres bewacht wird, den Wandel. Auf der anderen serbischen Seite ist es dunkler, stiller und irgendwie beklemmender als davor... Krasser Schnitt. Die Serben haben die Strasse aufgerissen und blockieren damit zusätzlich noch den Zugang zur Brücke.
Mein Weg führt mich durch serbisches Gebiet dem Fluss Ibar folgend nach Norden zurück nach Serbien. Auf halber Strecke findet man noch eine Strassensperre und die KFOR Truppen patrouillieren in gepanzerten Fahrzeugen. Absolut strange Gegend...

Zurück in Serbien folge ich dem Ibar in seinem wunderschönen Flusstal, besuche noch das Kloster Studenica und erreiche am folgenden Tag Kragujevac. Die Stadt ist die Heimat meiner 4 Serben von der Transfagarassaran Strasse in Rumänien. Nach einem grossen Hallo gibt es einen schönen Abend und ich kann neben dem Wohnwagen einer der Jungs schlafen der einen Rummelplatz bewacht. So schlafe ich zwischen Karussellen und platten Hüpfburgen... speziell ;-)

Die Kollegen von Nikola erwarten mich schon in der nächsten Stadt, ich habe mit Ihnen einen schönen Abend bevor ich in netter Begleitung am nächsten Tag in Richtung bosnischer Grenze aufbreche. Wie fast meine komplette Strecke in Serbien folge ich auch hier wieder einem Flusstal und klettere zum Schluss noch mal hinauf um meinen einzigen Pass auf serbischen Grund zu überqueren.

Die Ankunft in Bosnien ist dann auch wieder speziell. An der Grenze stehen 2 Schilder, das erste heisst mich in Bosnien willkommen, das zweite in der serbischen Republik... Die Serben in Bosnien haben ein eigenes Gebiet mit eigener Verwaltung. Da wird einem gleich wieder bewusst das der Konflikt nicht bereinigt sondern befriedet wurde. Freunde werden die Leute in absehbarer Zeit nicht mehr, dafür ist zuviel passiert.

Die Fahrt nach Sarajevo ist dann wieder wunderschön. Durch Täler und Schluchten geht es durchs Land und eine alte zur Landstrasse umgewandelte Bahnlinie bringt mich schließlich in die Stadt. Sie liegt in ein langgezogenes Bergtal eingebettet und strahlt eine spezielle Stimmung aus. Vor allem wenn die Gebetsrufe von den etwa 300 Minaretten ertönen. Die Altstadt ist in Ihrer Substanz ein alter Basar und hat was. Das Flanieren in Ihren Gassen macht Spass. Weniger Spass macht es allerdings die Friedhöfe an den Hängen zu sehen. Im Krieg wurden hier durch Artillerie Beschuss und Heckenschützen etwa 15.000 Menschen getötet. Die Gräber mahnen von den Hügeln herab. Überall in der Stadt sieht man noch die Spuren des Beschusses. Ein dunkles Kapitel der Stadt.

Mein nächstes Ziel ist Mostar.

zu bitterer Berühmtheit gelangt mit der Zerstörung der historischen Brücke im Krieg in den Neunzigern ist es ein Beispiel für die Probleme dieses Landes. Im Krieg war die Stadt in zwei Teile gespalten, deren für alle sichtbarer Höhepunkt die Zerstörung der Verbindung beider Teile war. Auch heute kann man die Schäden sehen, an der Frontline stehen immer noch ausgebombte Ruinen und überall in der Stadt sind Narben im Stadtbild zu sehen. Die Brücke wurde mit Hilfe internationaler Geldgeber wieder originalgetreu rekonstruiert und erstrahlt wieder in alter Pracht. Die Narben in den Menschen werden länger brauchen zu verheilen. Auf jeden Fall eine sehenswerte Stadt. Inzwischen, aufgrund der Nähe zur kroatischen Küste, ein beliebtes Ziel und zur Mittagszeit völlig überlaufen...

Nach Mostar war ich reif für die Küste! Einen Tagesritt entfernt lag die kroatische Adriaküste mit Ihren traumhaften Stränden. Nach knapp drei Wochen wechselhaftem Wetter wollte ich endlich etwas Wärme tanken. Aber wie das Leben so spielt, regnete es die meisste Zeit die ich an der Küste verbrachte und erst im Landesinneren von Montenegro wurde es wieder schöner...

Der Süden Kroatiens hat vor allem eines zu bieten: Dubrovnik. Als Haupttourismusziel im Süden wollte ich wenigstens einen Blick drauf werfen. Die Küste ist ein wirklich teures Pflaster und so beeilte ich mich durchzuradeln... Was mir aufgrund des Wetters auch nicht wirklich schwer fiel ;-) Dubrovnik ist wirklich schön aber völlig überlaufen. Also: rein, Runde gedreht, raus...

etwas südlich davon beginnt dann schon Montenegro und dort wollte ich mir den Fjord von Kotor anschauen. Eine wunderschöne Bucht eingefasst von bis zu 2000m hohen Bergen. Am Tag darauf ging es über eine traumhaft geführte Serpentinenstrasse hinauf in die Berge und ich genoss zusammen mit Emelie und Jeremie die ich zwei Tage zuvor getroffen hatte die Fahrt. Die Sonne spielte
auch mit und so waren die Ausblicke hinunter wirklich atemberaubend. Oben angekommen schlängelte sich die Strasse durch die Hügel wieder hinab zum Skadarsko Jezero, dem grössten See auf der Balkanhalbinsel.

Dort angekommen stand uns ein atemberaubender Tag bevor. Zum einen aufgrund der Wegführung, denn es ging auf und ab und andererseits wegen der Aussicht. Der See ist wunderschön und die Ihn einfassenden Berge machen das ganze zum Augenschmaus. Der Tag auf dem Rad war ein Highlight auf meiner bisherigen Reise.

Am Ende des Sees kam dann auch das Ende Montenegros und damit das Ende dieser Geschichte...

Ich habe knapp drei Wochen in diesen Ländern verbracht und eine Menge Gastfreundschaft erfahren. Liebe Leute die sich drüber freuen konnten das ein Mensch aus dem Westen das Land auf dem Rad durchfährt. Was ich aber auch sehen konnte war das dieser Konflikt der die Neunziger bestimmt hat nicht vorbei ist sondern nur befriedet. Die Probleme sind noch da, sei es das Serbien den Kosovo nicht anerkennt, das die Serben in Bosnien quasi einen eigenen Staat haben oder auch die hohe (Drogen-)Kriminalität im Kosovo, Das dauert noch Jahre wenn nicht Jahrzehnte bis es vorbei ist.

Landschaftlich ist die Region wunderschön. Tiefe Täler eingefasst von Bergen und teilweise abenteuerliche Strassenführung haben die Zeit zu einem Genuss werden lassen. Nachteil dieser Geländeform: Es gibt meist nur eine Strasse von A nach B und so musste ich mir diese mit den ganzen Autos teilen die auch das gleiche Ziel hatten. Meist waren die Strassen gut ausgebaut und so gab es nur wenige brenzlige Momente ;-)

Ich denke das ich noch einmal kommen werde um mir die Teile anzuschauen die jetzt aus Zeitgründen nicht in meine Pläne gepasst haben. Dann gibt es sicher auch ein Wiedersehen mit den Menschen die ich hier kennenlernen durfte.