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Istanbul, die Brücke zwischen den Kontinenten vor Augen...

fuhr ich über die griechisch-türkische Grenze. Hier sah ich das erste Mal auf meiner Reise was es bedeutet eine Grenze zu übertreten. Die beiden Länder sind keine Freunde. So ist die Grenze von beiden Seiten gut gesichert und die ewig lange Brücke über den Evros ist mit Wachhäuschen reich gesegnet. Eine rote Linie zeigt ganz klar wo denn das jeweilige Land beginnt/endet. An den türkischen Grenzanlagen angekommen erwartet mich als erstes eine gigantische wundervoll ausgeleuchtete türkische Fahne an einem riesigen Mast. Als Deutscher ist man aber gern gesehen und ausser ein paar genaueren Fragen bezüglich meines Reiseziels (mein Bart verwirrt den beamten sichtlich) und ein paar Beteuerungen das ich nicht in den Jihad nach Syrien will und schon konnte ich die Grenze übertreten und fuhr in mein 15. Land auf europäischem Boden.

Mein erster Eindruck war die Schrift. endlich konnte man wieder alles lesen! Das Türkische ist geprägt von vielen ü´s und ö´s und so sieht das ganze auf den ersten Blick etwas lustig aus. Wenn man auch noch zum Abschied eine „Güle Güle“ hinterhergerufen bekommt, dann muss man einfach schmunzeln.

Meine Nacht verbrachte ich kurz hinter der Grenze auf einem Feld wo ich ziemlich durchgerüttelt wurde vom stürmischen Wind... Musste seit langem mal wieder alle Leinen im Boden verankern, konnte aber aufgrund des Geländes mein Zelt nur quer zum Wind aufbauen. Aber auch diese Nacht ging vorbei...

Am nächsten Morgen blieb der Wind mir treu, blies mir aber leider kontinuierlich ins Gesicht und hinderte mich am Vorwärtskommen. In Kesan machte ich meine Frühstückspause und Bekanntschaft mit türkischem Essen. Börek ist hier der Frühstücksfavorit und so genoss ich meine dreifache Portion Blätterteigfladen mit Schafskäse oder Hackfleisch. Lecker. Es gibt Ihn aber auch in einer Art Pasta. Der Teig ist dann eher wie Lasagne und die Füllung meist aus Schafskäse. Traditionell gibt es dazu Cay sprich Schwarztee. Der wird meist bis zur Schmerzgrenze gesüsst und tut einfach gut. Alleine am ersten Tag gönnte ich mir mindestens eine Handvoll Cay´s. In jeder Stadt begrüsste mich eine türkische Fahne in der Grösse einer Zweizimmerwohnung. Der Türke ist sehr Stolz auf sein Land und zeigt das bei jeder Gelegenheit. Die Menschen waren superfreundlich und neugierig aber in keiner Weise aufdringlich. Hilfsbereit und immer bereit dich auf einen Schwarztee einzuladen... Angenehme Gesellen, eine Wohltat nach der Reserviertheit der Griechen.

Meine Reise durch den europäischen Teil der Türkei war geprägt von vierspurigen autobahnähnlichen Strassen, der hügeligen Landschaft und dem grausamen Wetter. Der Gegenwind paarte sich zeitweise mit Nieselregen und das bei Temperaturen um die 10°... Zum abgewöhnen. Am zweiten Tag erreichte ich gegen Mittag die Vorstädte von istanbul und fuhr trotzdem bei zunehmenden Fahrspuren und Verkehr noch bis in den Abend. Die letzten Kilometer konnte ich auf der Uferpromenade entlang dem Bosporus fahren, da es aber schon dunkel war konnte ich vom asiatischen Teil ausser ein paar Lichtern nicht viel sehen. Die Promenade war voller Angler und die Parks im Hintergrund voller grillender Familien. Wie bei uns in den Stadtparks wenn die türkischen Familien zusammen sitzen. Nach einer endlosen Radelei kam irgendwann die byzantinische Stadtmauer ins Bild und eine Abzweigung brachte mich ins Herzen der Altstadt wo ich gegen halb sieben am Abend vor der Hagia Sofia stand.

Ein komisches Gefühl anzukommen. Gegenüber der Hagia Sofia steht die blaue Moschee und beide sind nachts herrlich ausgeleuchtet. Sechs Monate hatte es mich gekostet an diesen Punkt zu kommen und jetzt war ich da. Es erinnerte mich an meinen Trip auf dem Jakobsweg als ich am Cap Finisterre stand und nicht mehr weiter konnte/musste. Ein wenig Leere und ganz viel Zufriedenheit machte sich in mir breit. Diesmal geht es aber weiter und so wich die Leere bald der Zufriedenheit und ich checkte im Hostel im Herzen der Altstadt ein...

Die folgenden Tage waren geprägt von entspanntem Sightseeing, Istanbuls Altstadt hat doch eine unüberschaubare Zahl von Sehenswürdigkeiten. Keine Strassenecke um die man biegt ohne eine Moschee zu sehen und wenn der Muezzin ruft es durch die Stadt aus hunderten von Kehlen zum Gebet. Ich besuchte die Hagia Sofia und die blaue Moschee und war vor allem von erster tief beeindruckt. 1500 Jahre Geschichte unter einem Dach. Wow. Leider sehen das auch unzählige Menschen genauso und dementsprechend stapeln sich die Besucher im Gebäude...
Ein Rundgang durch den grossen und den Gewürzbasar rundeten meine Altstadttour ab. Wobei ich eigentlich nie wirklich aus dem Basar rausgekommen bin. In jeder Strasse wird gehandelt und jede Gasse hat Ihre Geschäfte. Die ganze Stadt ist ein Basar! Ich fühlte mich sofort wohl in dieser (in diesem Bereich) zutiefst asiatischen Stadt!

Ich gönnte mir einen Besuch beim Barber um meinem Bart wieder Herr zu werden sowie einen Besuch im türkischen Hamam. Das Hamam ist die traditionelle Art der Türken sich zu waschen. früher gab es hunderte in der Stadt, heute sind nur noch knapp 60 in Betrieb. Meine Wahl fiel auf ein Unscheinbares in einer Seitengasse. So war ich auch der einzige Nicht-Türke und genoss diese Erfahrung weg vom Touristenstrom...
Das Hamam ist ein Gebäude das aus mehreren Teilen besteht. Zum einen der Eingangsbereich mit Umkleidekabinen und Ruhezone. Von dort geht es durch eine Schleuse in den Warmbereich. Dort sind Waschnischen am Anfang bevor man in den Grossen Saal kommt in dessen Mitte ein steinernes Podest steht. Im hinteren Bereich des Hamam befindet sich das Dampfbad. Das Bad ist bis Kopfhöhe komplett mit Marmor ausgekleidet und auch die Becken sind aus diesem Material. Der Boden ist beheizt und so kann man eigentlich nur mit den (bereitgestellten) Gummi-Sandalen dauerhaft auf dem Boden stehen. Der Saal und die Nebenräume sind mit Kuppeln überwölbt und die Bögen zwischen diesen und an den Wänden geben Ihm das wundervolle Flair.
Die Badezeremonie ist traditionell nach Geschlechtern getrennt. Man wird von einem Bademeister betreut der einen von Schritt zu Schritt führt und auf Wunsch (beim vollen Programm) auch eine Masssage durchführt. Im Hamam trägt man einen Lendenschurz den man auch nie ablegt. Nach anfänglichem Schwitzen im Dampfbad, das mich kreislaufmässig hart an meine Grenzen brachte, geht es zur Waschung. Die islamische Waschung findet immer unter fliessendem Wasser statt. So hat man kleine Abteile mit Becken in die Wasser eingelassen wird und aus denen der Bademeister mit einer kleinen Schüssel Wasser schöpft um es einem überzugiessen. Nach dem Dampfbad ist man dermassen aufgeheizt das das kühle Wasser (man kann auch die Temperatur des Wassers wählen) eine Wohltat ist. Der Bademeister wäscht einen von Kopf bis Fuss (ausser der Intimbereich, der ist Tabu) und danach geht es auf den Stein. Dort wird man vom Bademeister zuerst mit einem rauen Waschlappen abgerieben um die tote Hautschicht zu entfernen. Danach folgt eine Ganzkörper-Schaumkur und dann Ende wird die Massage durchgeführt. Da sind sie nicht zimperlich und kneten dich echt ordentlich durch. Aber nach den Strapazen der letzten Zeit eine superangenehme Sache...
Als nächstes wird noch einmal ausführlich gewaschen bevor es wieder ins Dampfbad geht. Nach dem Dampfbad kühlt man den Körper wieder mit Waschungen herunter und verlässt am Ende den Warmbereich zurück zur Ruhezone. Dort erwartet einen der Bademeister und tauscht den Lendenschurz gegen ein trockenes Exemplar und wickelt dich danach in Handtücher. Eine kalte Flasche Wasser und ein Cay runden die Sache ab. Nach dieser Ruhephase heisst es wieder umziehen und ab zurück in das herbstliche Istanbul.
Eine tolle Erfahrung die ich sicherlich auf meinem Weg durch die Türkei noch einmal wiederholen werde...

am vierten Tag wechselte ich in den Stadtteil Besiktas, wollte schliesslich noch etwas anderes sehen als die touristische Altstadt.

Es zeigte sich das mein Besuch in Istanbul wegen meines Paketproblems länger dauern würde und so liess ich es ruhig angehen. Da die Tage eh hauptsächlich aus Regen und Kälte bestanden kümmerte ich mich erstmal um mich, meine Ausrüstung und die Website. Nachdem sich das Wetter besserte begann ich die Stadtteile einzeln zu erwandern. Die Bewegung zu Fuss war ungewohnt tat aber ungemein gut. So war ich täglich 4 bis 5 Stunden unterwegs und fand Ecken die wahrscheinlich in 10 Jahren noch nicht auf dem Touristenplan stehen werden. Zum einen echt schönes aber auch die heruntergekommenen Teile der Stadt. Auch eine Bosporus-Tour war drin und so konnte ich nach 10 Tagen aber leider ohne das Paketproblem gelöst zu haben (werde, wenn es sich endlich löst, die Geschichte auch noch einmal genau erzählen) die Stadt per Fähre auf den asiatischen Teil verlassen mit dem Gefühl einen Einblick in diese Mega-City bekommen zu haben...

Das historische Erbe der Stadt ist gigantisch. hunderte von Moscheen und historischen Gebäuden wollen erhalten werden oder sind dringendste zu renovieren. So ist eigentlich immer ein Teil der Stadt eingerüstet und verpackt. Da in Osmanischer Zeit meist auch nicht mit den Baumaterialien gespart wurde ist eine Sanierung auch meist ein Einsatz von Tonnen von Marmor. Wenn man manch fertig renoviertes Gebäude sieht lohnt es sich auf jeden Fall dieses Geld in die Hand zu nehmen. Der wirtschaftliche Aufschwung und die Einnahmen im Tourismus generieren genügend Geld um diesen Prozess fortzuführen.
Aber auch der aktuelle Ausbau der Stadt und Ihrer Infrastruktur geht rasant voran. Hochhäuser schiessen in den Himmel und nicht selten sind es exklusive Areale für die oberen zehntausend...
Neben den beiden Brücken ist gerade eine Untertunnelung des Bosphorus im Bau. Hier boomt ein Land und eine Stadt!

Auf jeden Fall eine Reise wert!

Jetzt geht es endlich nach Asien und damit ins wirkliche Abenteuer! Ihr werdet davon lesen...