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dünne Luft und kalte Nächte
wer hätte das gedacht. vor einer Woche war ich beim Planen enttäuscht vom ursprünglichen Plan durch den offenen Teil Tibets zu radeln (da zeitlich nicht drin) abgekommen und nun war ich auf dem Weg dorthin…
Wie kams?
Ich bin, wie ich schon am Ende des letzten Berichtes geschrieben habe, falsch abgebogen. Im Quaidam Becken war parallel zu meiner Strasse eine Autobahn im Bau. Da dort so gut wie kein Verkehr unterwegs war nutzte ich den Luxus und fuhr auf meinem eigenen persönlichen Fahrradweg. Irgendwann checkte ich die Position und Richtung und dachte mir das passt nicht ganz… Und siehe da, ich war an einem Autobahnkreuz (das ich irgendwie nicht realisiert hatte) in die falsche Richtung geradelt und nun in südöstlicher Richtung in die Berge unterwegs. Auf keiner meiner Karten (weder Papier noch digital) gab es diese Strasse… Kurz dachte ich ans umkehren, aber 50km zurück und mein Abenteuergeist sagten mir, quatsch, fahr weiter! Es kamen mir hin und wieder Trucks entgegen, also musste die Strasse auch irgendwo hinführen.
Am Abend schaute ich mir das genau auf der Karte an und stellte fest das ich nun über den Ostausläufer des Plateaus nach ChengDu fahren kann und auch noch rechtzeitig zum Visa verlängern dort ankommen würde Cool!
So überquerte ich am zweiten Tag schon meinen ersten 4400m hohen Pass hatte danach eine kapitale Reifenpanne bei der ich den hinteren Schlauch austauschen musste und geriet am dritten Tag in meinen ersten Schneesturm. Klasse! Ich schlüpfte in einer Trucker-Herberge unter und traf dort die wohl beschissenste Toilette Chinas. Ich teilte das Zimmer mit zwei Chinesen, die lagen mit kompletter Kleidung im Bett und liessen den Fernseher (der immer schön moderat im Hintergrund brummte) die ganze Nacht laufen. Einziger Lichtblick waren die Serienmässig eingebauten Heizdecken in den Betten. Ich überlegte ob ich bei geschlossener Schneedecke wirklich den Weg in die Berge antreten sollte und entschied mich am Morgen dafür. Also radelte ich hinaus in die grosse weisse Welt. vor mir lag ein hoher 4000er Pass und dahinter das über 4000m hohe Plateau.
Auf dem Weg zum Pass hatte ich wundervolles sonniges Wetter und traf Hirten und Ihre Yaks. 40km weiter kurz vor dem Pass war mein Hinterreifen wieder platt. Wieder hatte sich das Ventil an der Felge kaputt gerieben. Der Schlauch war ruiniert. Das war aber leider mein letzter. Also wars das mit Radfahren für heute. Ich stand bei sinkenden Temperaturen auf knapp 4500m am Strassenrand und versuchte jemanden dazu zu bewegen mich mitzunehmen. Die Fahrer der Autos zurück ins Tal schauten alle nur verdutzt und die auf dem Weg hoch zum Pass waren froh das sie noch vorwärts kamen. Als mir dann langsam der Mut sank hielt ein Pick-Up voller junger buddhistischer Mönche an. Sie nahmen mein Bike auf die Ladefläche und mich in die Mitte. So ging es die nächsten 2 Stunden in einem bitterkalten Auto (die Heizung war kaputt und die einzige Methode die Scheiben klar zu halten war lüften) über zwei Pässe hinunter nach Darlag. Dort checkte ich mit den Jungs in ein Hotel vor Ort ein. Mal wieder Luxus pur, aber auch schön nach all den kalten Nächten bevor…
Am nächsten Morgen ging es in die Stadt, Schlauch suchen… Eine wundervolle tibetische Stadt auf knapp 4000m voller traditionell gekleideter Menschen und Mönchen. Nach zwei Stunden war mir klar, hier fährt niemand Rad! Irgendwann fand ich in der Ecke einer Autowerkstatt ein Mountainbike und schwätzte dem Besitzer die beiden Schläuche ab. Dann präparierte ich die Felge und den Schlauch und fuhr los.
Der Tag führte mich durch ein Hochtal hinauf auf den nächsten Pass. Den überquerte ich am folgenden Tag und nahm dann gleich noch einen zweiten mit. Der unbefestigte Weg hinauf war tough, das Panorama und die Abfahrt entschädigten dann aber für die Plackerei. Am Fuss des Berges kam ich durch ein kleines Dorf mit Kloster und folgte dann wieder einem Tal dem Fluss entlang hinab zur Hauptstrasse.
Am Abend erreichte ich eine Stadt die zur Hälfte nur aus Klostern bestand und in der eine riesige Stupa betoniert wurde… Befremdlich diese Berge von Beton inmitten der alten Klöster… Die Nächte blieben kalt und mein Equipment war deutlich am Limit. Meine Matte verlor immer noch etwas Luft und so kam am Morgen spätestens von unten die Kälte durch, während mein Schlafsack nicht für Temperaturen unter -10° gemacht ist. So fror ich mich immer ein wenig durch die Nacht, freute mich am Morgen über die Sonne und kroch auch immer erst gegen 9 mit der Sonne aus meinem Zelt :-)
So beschloss ich die Höhe hinter mir zu lassen. Mit einem Gewaltakt und 5 4000er Pässen an einem Tag schlug ich mein Zelt 130km später unterhalb von 4000m auf. Puh, hoffentlich wars das jetzt.
Erstmal schon, wobei ich weiterhin meinen täglichen Pass auf dem Plan hatte. Zwar nicht mehr über 4000m aber trotzdem anstrengend, denn die Luft ist immer noch deutlich dünner hier oben.
Ich fuhr durch die Provinz Aba, wo man die örtliche tibetische Lehmarchitektur noch sehen kann. Wunderschöne Häuser, immer wieder ergänzt von Klöstern und wenn man an die Hänge des Tals schaut sieht man überall Klosteranlagen. Die Stadt Aba ist bedingt schön. Die moderne Zeit hat Einzug gehalten und verändert den Ort Schritt für Schritt. Es gibt immer noch zwei grosse Klosterkomplexe, wobei einer auch wieder mit Betonburgen auf Vordermann gebracht wird. Ein wirklich schöner Abschnitt der Route.

Nach 9 Tagen in der Höhe ging es dann definitiv abwärts. Ich verlor 3000m an Höhe in zwei Tagen, fuhr gefühlte 100km in teilweise stockfinsteren Tunneln und fühlte mich erschlagen von den Schluchten durch die der Weg führte. Es wurde wärmer und das war auch gut, denn am Freitag dem 13. war nicht mein Tag und ich verlor meinen warmen Handschuh (nur den linken, was es nicht besser macht) und kurz danach meine Mütze. Als ich abends ins Zelt kroch versagte der Reissverschluss meines Innenzeltes völlig. Liege also seitdem „im Freien“…
Positiv ist das Globetrotter in Deutschland mir einen Austausch des Zeltes angeboten hat. Werde ich nutzen wenn ich in Thailand bin und das Zelt für einige Zeit nicht brauche…
Aber, positiv denken und weiterradeln! Der letzte Tag hinab nach ChengDu zeigte mir die Urgewalten des Himalaya. Zuerst musste ich mehrfach weggespülten Brücken, teilweise auf die Autobahn ausweichen und später kam ich durch ein Gebiet das vor einigen Jahren von einem schweren Erdbeben erschüttert wurde. Alles hat der Chinese dann doch nicht im Griff…
Als ich nach 60km im Stadtgebiet von ChengDu endlich das Zentrum erreichte gab es das Hostel das ich mir ausgesucht hatte nicht mehr. Der Nachbar bringt mich zu einem anderen wo ich nach knapp 160km auf dem Rad dankbar absteige und einchecke…

Das tibetische Hochplateau war eindrucksvoll, die Kultur der Menschen zu sehen und zu erleben war eindrücklich und was mich wirklich überrascht hat waren die vielen Bilder des Dalai Lama die man in den Häusern finden konnte. Scheinbar hat China die Regeln gelockert…
Körperlich waren die 14 Tage mit fast 1400km über die Berge intensiv und erschöpfend. Ich bin froh das ich jetzt meinem geschundenen Leib mal eine Pause gönnen kann und werde diese nutzen um mein Visa zu verlängern.

Aber davon und was sonst noch so in ChengDu und Umgebung zu erleben ist das nächste Mal mehr…