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Statistik Myanmar
Strecke: 1650km
Tagesdurchschnitt: 49 km
Tage im Land: 35
Tage auf dem Rad: 24
Höhenmeter überwunden: 6400m
Tagesdurchschnitt: 300m
Nächte im Zelt: 0
Nächte in Häusern: 35
Nächte in Klostern/Privat: 4
Pannen: 1 Plattfuss vorne
tägliche Ausgaben: 12,50€
Mengelaba,
das Wort für Guten Tag auf burmesisch öffnet Welten. Oft radele ich durch die Straßen und Grüße jeden am Rand. Ich ernte wunderbare Lächelnde Gesichter, denn offensichtlich erwartet niemand wirklich, dass ich ein Wort Ihrer Sprache beherrsche.
Wenn ich mich dann noch sprachlich aus dem Fenster lehne und mit „Ajada Kaundäh“ das Essen lobe, gibt es meist kein halten mehr... Herrlich!
Die Kinder sind etwas skeptischer, aber spätestens wenn ich zusätzlich noch winke bricht das Eis. Sie kommen auf die Straße geströmt und winken „Bye Bye“ rufend hinter mir her.
Thanaka, eine Paste aus Sandelholz und Wasser macht burmesische Gesichter zu dem was sie sind. Schutz vor der Sonne, gegen trockene Haut und nebenbei noch ein überaus exotisches Make-Up. Ob Mann oder Frau, jeder trägt es, es gibt der ganzen Szenerie zusammen mit der feuerroten Erde einen Hauch von Afrika...
Das Feuerzeug ist in den Restaurants meist auf Brusthöhe an die Decke gebunden. So kann jeder die meist einzeln (und soweit ich es beobachten konnte kostenlos) angebotenen Zigaretten direkt anzünden. Manchmal hab ich das Geschick direkt am Tisch unter dem Feuerzeug zu sitzen und dann nutzen alle die Gelegenheit den Ausländer mal in Ruhe anzustarren während des Anzündens.
Die Hotelpflicht ist ein besonderes Ärgernis im Land. Man ist verpflichtet in einem (für Ausländer lizenzierten) Hotel einzuchecken. Wildzelten oder gar in einem Kloster Unterschlupf suchen ist verboten. Da ich im Moment eh ohne Zelt unterwegs bin, halb so schlimm. Die Unterkünfte sind für südostasiatische Verhältnisse recht teuer und unterbieten meist jeden Standard um Welten. Hauchdünne Matratzen, staubige Betonböden, versiffte Bäder... Es ist immer wieder erstaunlich wie verdreckt ein Hotelzimmer sein kann. Da die speziellen Hotels in den kleineren Städten meist ein Monopol auf Ausländer haben müssen sie auch nichts unternehmen um Gäste zu bekommen. Diese Trägheit ist mal wieder typisch Asien. Deshalb war ich extrem froh wenn es mal wieder geklappt hat im Kloster oder noch besser in einem Privathaus mit Familienanschluss zu übernachten.
Die erste Privatunterkunft hatte ich mir mit einer ordentlichen Portion Schmerzen erkauft. Auf einer mit losen Steinen belegten abfälligen Strecke hatte ich die Kontrolle über das Rad verloren. Punktgenau fiel ich genau vor das Vorderrad eines entgegenkommenden Motorrollers. Autsch war mein erster Gedanke als der Roller auf mir zu liegen kam. Als ich befreit wurde überprüfte ich zuerst einmal meine Knochen die glücklicherweise heil geblieben waren. Dafür hatte ich eine Menge Haut auf der Straße gelassen. Überall abgeschürft und geprellt, war es eine harte Übung zum nächsten Dorf zu kommen. Dort hätte ich eigentlich mangels Genehmigung gar nicht bleiben dürfen, aber mein blutender Körper erweichte die Bürokraten und so durfte ich im Haus einer Familie die Nacht verbringen. Kommunikation war kompliziert, fand nur über Dritte statt und verebbte nachdem alle anderen gegangen waren völlig ab. Aber manchmal braucht es keine Worte und so verstanden wir uns ganz prima. Die äußerst spartanische Unterkunft bewohnten außer mir noch 5 andere Menschen, 2 Zimmer, Küche und die Latrine im Garten.
Am Morgen ging es dann auf dem Fluss in einer 6 stündigen Bootsfahrt weiter in die nächste Stadt. Da aber auch dort kein (genehmigtes) Bett für mich stand musste ich dann doch die Zähne zusammen beißen und 25km nach Nyaunglebin strampeln. Mir wurde klar das Radfahren die nächsten Tage keine Option ist. So beschloss ich in 2 Etappen mit dem Bus nach Mandalay zu fahren. In dieser Zeit und bei der Besichtigung der Stadt konnte sich meine Haut wieder etwas regenerieren und so konnte ich danach wieder aufs Rad steigen.
Schule in Myanmar ist etwas das man schon von weitem bemerkt. Meist ist es das einzige massive aus Holz oder Stein erbaute Gebäude der Siedlung, was aber viel eindrücklicher ist, ist der Lärm den sie verursacht. Frontalunterricht absolut klassisch ist hier angesagt. Die komplette Klasse liest zusammen vor oder wiederholt. Eine Kakophonie der Kinderstimmen. Herrlich. Ein idealer Unterricht um als faule Socke (wie ich) in der Menge abzutauchen...
Irgendjemand meinte das Zugfahren in Myanmar eine Erfahrung wäre und so lies ich mich auf das Abenteuer ein. 42° im Schatten nahmen mir die Motivation zum radeln und so kürzte ich knapp 300km hinunter nach Yangon ab.
Dass es allerdings eine solch intensive Erfahrung wird hatte ich nicht erwartet. Den von rechts nach links in den Gleisen kippenden Zug war ich von Südamerika ja gewohnt, aber hier hüpfte er noch wie im Wellengang auf und ab. So heftig dass es mich immer wieder passagenweise aus dem Sitz hob. Nickte ich dann etwas ein, so weckte mich die Zugpolizei um mich darauf hinzuweisen das mein E-Book Reader auf dem (mit Absicht unbesetzten) Nachbarsitz liegt. Ordnung muss sein, nicht bezahlt heißt auch nicht benutzbar! Eine Nachtfahrt ohne wirklichen Schlaf war die Folge. So erreichte ich nach 8 Stunden (für 270km) die Metropole im Süden des Landes.
Yangon (früher als Rangun bekannt) ist die heimliche Hauptstadt des Landes was sie ja auch bis vor einigen Jahren auch war. Dann beschlossen die Militärmachthaber mitten im Nirgendwo ziemlich genau auf der geografischen Mitte des Landes eine neue gigantische Geisterstadt aus dem Boden zu stampfen. Ich fuhr mit dem Bus durch und fand eigentlich nur breite Alleen und Parks vor. Sehr befremdlich. Aber Yangon hat Flair, zu einem Drittel von Indern bewohnt die die Briten damals mitbrachten spürt man Indien ganz deutlich, sei es kulinarisch oder sei es vom Geruch in den Seitengassen...
Nebenbei hatte auch Yangon seine heiligen Plätze und DEN heiligen Platz des Landes besuchte ich auch. Die größte Stupa der Welt, mit 10 Tonnen Gold belegt und innig verehrt von den Burmesen.
Doch oben auf dem Berg bleibt davon für mich nicht mehr viel. Myanmar ist auf der Liste der Reiseveranstalter angekommen und auch für sie ist es DIE Stupa... So geht die Verehrung und das Flair des Platzes im Rummel unter. Irgendwann packte ich meinen Foto und mich zusammen und suchte mir ruhigere Ecken in der Stadt.
Notfall im Hostel: ein älterer Herr hatte einen entgleisten Diabetes, war völlig weggetreten und keiner wusste so wirklich was zu tun ist. Hier kam mir meine medizinische Ausbildung zu gute und mit etwas Improvisation war er wenig später im größten Krankenhaus der Stadt. Hier lernt ich endlich (ich hatte es bis hierher vermieden eines zu besichtigen) ein lokales Krankenhaus kennen.
Im Bereich der Notaufnahme, Dank ausländischer Spenden, noch recht modern ausgestattet, endeten wir zur Überwachung im 33 Bett Schlafsaal. Krankenhaus heißt in Asien medizinische Versorgung. Jeglicher Hotelbetrieb wie wir ihn gewohnt sind ist nicht existent. Hat der Patient Durst muss ein Angehöriger sich darum kümmern, Hunger? Von draußen zu bringendes Essen. So ist der Schlafsaal mit etlichen Angehörigen gefüllt die rund um das Bett Ihres Familienangehörigen und auch darin liegen, schlafen oder dösen. Ein von außen beobachtet riesiges Chaos das von wenigen Krankenschwestern durchschwirrt wird. Eindrücklich und mal wieder erdend, wir leben im Paradies und ernsthaft krank werden in der dritten Welt ist ein wirklicher Kampf ums überleben. John der Patient berichtete mir danach von der wunderbar friedlichen Stimmung die im Hospital geherrscht hätte. Der Umgang miteinander und mit dem Patienten sei voller Würde gewesen. Gerade für Ihn der 2 Nächte dort verbracht hatte eine intensive Erfahrung.
Wiedersehen mit meinem Radkollegen Michael. Nach seinem Ausflug nach Kambodscha kreuzen sich unsere Wege noch einmal bevor wir definitiv in entgegengesetzte Richtungen radeln. Cooler Abend, viel gelacht, Geschichten getauscht und mal wieder genossen mit einem gleichgesinnten am Tisch zu sitzen.
Abschließende Etappe in den Süden. Da ich ungern zweimal die gleiche Straße fahre (auf einem kleinen Stück fand ich leider keine Alternative) beschloss ich über einen Grenzübergang weiter im Süden auszureisen. Dort hinunter merkte man deutlich, dass die Leute Touristen nicht so sehr gewohnt sind. Erst seit ein paar Jahren überhaupt offen zum bereisen wird man doch besonders bestaunt... Die Straße führt hauptsächlich durch Kautschukplantagen und erinnert mich wegen Ihres Profils doch ein wenig an Laos. Ständiges Auf und Ab, rollende Hügel nennt man so was wohl...
In Ye spürte ich die Wirkung der Hitze mal wieder. Eine bleierne Müdigkeit überkam mich und so beschloss ich gegen jede Vernunft mal wieder Zug zu fahren. Diesmal ist es ein Zug am Tag, der Bummelzug durch die Dörfer und der Erfahrung wegen die Holzklasse. Für 160km brauchte er die rekordverdächtige Zeit von 10 Stunden und belohnte mich mit tollen Einblicken in die Reisegewohnheiten der Einheimischen. Die Strecke führte meist durch dichtes Gestrüpp und Urwald das so nahe an die Gleise heran gewachsen ist das es einen hin und wieder durch die Fensteröffnungen auspeitscht. Im Zug schloss ich noch Freundschaft mit zwei Jungs die zwischendurch auf meinem Schoß schliefen und denen ich zwei schon ewig mitgetragene Spielzeuge schenkte, einen Metallguss eines Formel1 Autos aus Sofia und ein Ü-Ei (ohne Schokolade) aus dem Süden Bulgariens. Pure Freude in Ihren Augen...
Westlich von Dawei reihen sich traumstrände aneinander die dank der Abschottung der Region über Jahrzehnte nur spärlich erschlossen sind. So blieb ich noch ein paar Tage in der Region um diese zu erkunden und vor allem um mich ein wenig zu stärken für meine vorerst letzte Etappe nach Bangkok...
Als ich dann nach 35 Tagen die Grenze überquerte musste ich von einem der intensivsten Länder meiner bisherigen Reise Abschied nehmen. Hier wurde mir erst bewusst was mir in Thailand gefehlt hatte. Die von Herzen kommende Freundlichkeit, Es ist unbeschreiblich wie locker den Menschen hier das Lächeln sitzt. Nach Jahrzehnten der Unterdrückung und des Mangels ist es schon erstaunlich dass die Menschen noch so lachen können.